Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsvermarkter von Obstbaubetrieben als Handelsbetrieb. Investitionszulage 2000/2001
Leitsatz (redaktionell)
Eine landwirtschaftliche Absatzgenossenschaft, die neben der Reinigung, Sortierung und Verpackung von Kernobst, genussreif gelieferte Äpfel in ihren Lagerhäusern unter einer besonderen Atmosphäre lagert, um den Reifeprozess zu verzögern, ist nicht dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen.
Normenkette
InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Betrieb der Klägerin dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen ist.
Die Klägerin hat für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 für die Anschaffung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens eine Investitionszulage in Höhe von insgesamt 1.090.275 EUR beantragt. Dem Antrag war ein erläuterndes Schreiben beigefügt. Danach ist die Klägerin vom Statistischen Bundesamt nicht als Betrieb des verarbeitenden Gewerbes eingestuft worden. Diese Zuordnung ist jedoch nach Auffassung der Klägerin offensichtlich falsch (Blatt 7 ff der Investitionszulagenakte).
Der Beklagte führte zur Sachverhaltsermittlung eine Prüfung durch die betriebsnahe Veranlagung durch. Im Ergebnis dieser Prüfung lehnte der Beklagte mit Ablehnungsbescheid vom 12. August 2002 die Gewährung der begehrten Investitionszulage mit der Begründung ab, daß es sich bei dem Betrieb der Klägerin nicht um einen Betrieb des verarbeitenden Gewerbes handele. Die Erzeugergemeinschaft übernehme als Vertragsvermarkter von Obstbaubetrieben u.a. die Lagerung, Sortierung, Verpackung und Vermarktung von Obst und pflanzlichen Produkten (überwiegend Äpfel). Dabei werde jedoch nach Auffassung des Finanzamtes die Ware nicht wesentlich verändert. Die dargestellte Einflußnahme auf den Reifegrad der Früchte über eine künstlich erzeugte, spezielle Atmosphäre in den Lagern sei einzig erforderlich, um der Nachfrage des Kunden über einen längeren Zeitraum (bis zur nächsten Ernte) gleichmäßig gerecht werden zu können. Die sich daran anschließende Prozedur der Reinigung, Sortierung und Verpackung trage sicherlich zu einer besseren Marktgängigkeit des Endproduktes bei, mache jedoch aus der eigentlichen Ware „Apfel” kein anderes Produkt. Die angeführten „Neu”-Produkte Tafelobst, Saftware, Musware und Schälware entstünden lediglich durch die Sortierung der Äpfel, welche – obgleich im vorliegenden Fall mit beträchtlichem maschinellen Aufwand betrieben – durchaus als handelsübliche Nebenleistung anzusehen sei.
Die Klägerin habe zur Begründung des Antrages ein Urteil des Finanzgerichtes Brandenburg vorgetragen. Im genannten Fall sei davon auszugehen, daß die dort verarbeiteten Früchte (Bananen) überhaupt erst zum menschlichen Verzehr bereit gemacht würden. Die Marktfähigkeit werde damit nicht verbessert, sondern erstmals herbeigeführt. Ohne diesen technischen Prozeß in den Drückreifekammern könne kein verkaufsfähiges Produkt erzielt werden. Im Gegensatz dazu seien die Äpfel jedoch bereits nach der Ernte „fertiggestellt”. Nach dem Durchlaufen der Reinigungs-, Sortier- und Verpackungsanlage (= handelsübliche Be- und Verarbeitung) könnten diese wohl auch ohne Aufbewahrung in speziellen CA-Lagern an den Verbraucher ausgeliefert werden. Eine zusätzliche „Verarbeitung” sei hier nicht erforderlich. An der Einordnung des Betriebes in die Klassifikation der Wirtschaftszweige durch das Statistische Bundesamt werde festgehalten. Es bestünden seitens des Finanzamtes keine Zweifel über die Richtigkeit dieser Entscheidung. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2004 – Blatt 32 der Rechtsbehelfsakte).
Die Klägerin hat ihre Klage wie folgt begründet: Sie sei eine Erzeugergemeinschaft, welche als Vertragsvermarkter für zahlreiche Obstbaubetriebe für die Erfassung, den Transport, die Lagerung und Verarbeitung (Aufbereitung, Sortierung und Verpackung) verantwortlich zeichne. Das von den Erzeugerbetrieben angelieferte Weichobst werde i.d.R. transportiert, kurzfristig gelagert, gekühlt und von Fall zu Fall aufbereitet, sortiert und verpackt. Das von den Erzeugerbetrieben angelieferte Kernobst (überwiegend Äpfel, Birnen) werde in Lagern der Genossenschaft je nach Sorte, Qualität und Reifegrad bis zu 10 Monaten gelagert. Der Absatz (Verkauf) des Obstes werde durch eine spezielle, eigenständige Verkaufsgesellschaft, die von den Obstbaubetrieben bzw. deren Erzeugerorganisation in Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt gegründet worden sei, durchgeführt.
Das aus den Lagern entnommene Obst werde durch technisch aufwendige Verfahren gereinigt, sortiert und verpackt. Bei diesem „Verarbeitungsprozeß” werde neben den handelsüblichen Manipulationen wie Reinigen, Sortieren, Zusammenstellen, Verpacken und Aus...