Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage: Ausscheiden eines von Anfang an für den ihm zugedachten Zweck ungeeigneten Wirtschaftsguts vor Ablauf der Fünfjahresfrist
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Ausscheiden eines Wirtschaftsguts aus dem Betrieb des Investors vor Ablauf der Fünfjahresfrist kann als unschädlich angesehen werden, wenn es technisch abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht war und auch für Dritte keinen oder nur noch einen sehr geringen Wert hatte. Ein solcher Fall liegt nicht vor, wenn das geförderte Wirtschaftsgut von Anfang an nicht die für den ihm zugedachten Zweck erforderliche Qualität besessen hat.
2. Ist das angeschaffte Wirtschaftsgut mangelhaft und scheidet es deshalb aus dem Anlagevermögen aus, so ist dies nur dann zulagenunschädlich, wenn das Wirtschaftsgut gegen eines von gleicher oder besserer Qualität ausgetauscht wird.
Normenkette
InvZulG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung der ihm für die Kalenderjahre 2003 und 2004 gewährten Investitionszulage.
Der Kläger war in den Streitjahren Inhaber einer Vermögensverwaltung, die im Rahmen von Betriebsaufspaltungen mit der X GmbH (Produktion) und der Y GmbH (Vertrieb) als Besitzunternehmen fungierte. Für die Kalenderjahre 2003 und 2004 bewilligte der Beklagte dem Kläger unter dem Vorbehalt der Nachprüfung mit (Änderungs-)Bescheiden vom 6. November 2006 Investitionszulagen i.H.v. insgesamt 321.836,07 EUR (2003: 201.358,85 EUR nach dem Investitionszulagengesetz 1999; 2004: 97.941,80 EUR nach dem Investitionszulagengesetz 1999 und 22.535,42 EUR nach dem Investitionszulagengesetz 2005). Gegenstand der Investitionszulagen war die Anschaffung verschiedener Werkzeuge zur Herstellung von Schutzhelmen, insbesondere der Modelle A, B und C.
Auf Grund einer Betriebsprüfung (BP-Bericht vom 24. April 2009) setzte der Beklagte die Investitionszulagen 2003 und 2004 mit Änderungsbescheiden vom 1. September 2009 jeweils auf 0,– EUR fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Klägers wies er mit Einspruchsentscheidung vom 1. November 2010 als unbegründet zurück.
Der Kläger macht geltend, er habe bereits mit Schreiben vom 21. Juni 2006 im Rahmen der Betriebsprüfung angezeigt, dass die Werkzeuge, mit welchen die Helme der Modelle A, B und C gefertigt worden seien, infolge technischer Beanspruchung im Wirtschaftsjahr 2006 nicht mehr einsetzbar und daher technisch verbraucht gewesen seien. Die genannten Helme seien jeweils bei der ersten durch den TÜV durchgeführten Prüfung durchgefallen, da sie den Abstreiftest nicht bestanden hätten. Obwohl daraufhin die entsprechenden Fertigungswerkzeuge nachgebessert worden seien, habe jeder Helm nach der Produktion durch aufwändige Handarbeit nachgebessert werden müssen. Im Rahmen der Serienproduktion sei dann auf Grund weiterer Prüfungen im eigenen Hause festgestellt worden, dass die Produkte nicht konstant auf dem zu fordernden Niveau hätten gehalten werden können. Es sei zu Rissbildungen bei der Befestigung der Beriemung im Inneren der Helme gekommen, was auch zu Reklamationen geführt habe. Um Produkthaftungsfälle zu vermeiden sei die Produktion der drei Modelle daher im November 2005 eingestellt worden. Die Werkzeuge seien nicht verschrottet worden, sondern befänden sich weiterhin in den Betriebsräumen des Klägers. Der Veräußerungswert (Schrottwert) liege unter 10% der ursprünglichen Anschaffungskosten. Außerdem sei davon auszugehen, dass weiterhin ein Produktionsbetrieb im Fördergebiet bestehe.
Der Kläger beantragt,
die Änderungsbescheide über die Gewährung einer Investitionszulage für das Kalenderjahr 2003 nach dem Investitionszulagengesetz 1999 und für das Kalenderjahr 2004 nach dem Investitionszulagengesetz 1999, jeweils vom 1. September 2009, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. November 2010, aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass den Feststellungen der Betriebsprüfung zufolge die Produktion im Januar 2006 ins Ausland verlagert worden sei. Ab diesem Zeitpunkt läge daher keine begünstigte Betriebsstätte mehr vor. Die eigentliche Produktion finde in der neuen Gesellschaft im Ausland statt. Der im Fördergebiet belegene Standort sei reiner Vertriebs- und Verwaltungssitz geworden. Auch habe der Kläger während der Prüfung nicht geltend gemacht, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter technisch und wirtschaftlich verbraucht gewesen seien. Zudem seien die Wirtschaftsgüter bis zum 31. Dezember 2005 auch nicht als Anlagenabgang ausgewiesen worden. Der Kläger habe keinerlei Nachweise für den von ihm behaupteten tatsächlichen wirtschaftlichen und technischen Verbrauch vorgelegt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die vom Beklagten übersandten Verwaltungsakten und auf das Protok...