Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbin eines verstorbenen Künstlers erzielt durch Veräußerung des künstlerischen Nachlasses nachträgliche Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Erbin eines verstorbenen Künstlers erzielt durch die 19 Jahre nach dessen Tod erfolgte Veräußerung des künstlerischen Nachlasses auch dann nachträgliche Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit, wenn zwischen Tod und Veräußerung keine weiteren Verwertungshandlungen vorgenommen wurden.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1; AO § 173 Abs. 2, § 175 Abs. 1 Nr. 2; UrhG § 64
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit vorliegen.
Der Kläger ist der Sohn und Erbe der im Laufe des Klageverfahrens verstorbenen ursprünglichen Klägerin B. Diese war die Witwe des 1979 verstorbenen Vaters des Klägers, des A. Dieser übte bis zu seinem Tode seine freiberufliche Tätigkeit in dem gemeinsamen Haus der Ehegatten in X aus.
Vom 9. Februar bis 21. April 1983 wurde bei der ursprünglichen Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt. Für die Veranlagungszeiträume 1977 bis 1979 erfolgte diese Betriebsprüfung für die Mutter des Klägers als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes. In dem Betriebsprüfungsbericht vom 27. Mai 1983 gelangte der Betriebsprüfer zu dem Ergebnis, dass durch den Tod des Vaters des Klägers eine Betriebsaufgabe stattgefunden hätte. In dem Prüfungsbericht wurde unter anderem ausgeführt:
"Tz. 10: Ergebnis der Schlussbesprechung: Übereinstimmung.
Tz. 23: Die hieraus abzuführende Umsatzsteuer von 3.232,23 DM ist im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe durch den Tod von Herrn A in 1979 gemäß § 4 Abs. 1 EStG als Verbindlichkeit zu bilanzieren.
Tz. 28: Nach Entnahme der betrieblich genutzten Grundstücksteile sind die anteiligen Werbungskosten nicht mehr als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Tz. 30: Betriebsveräußerung: Nach dem Tode von Herrn A wird das Grundstück X nicht mehr zu 30 % betrieblich genutzt. Der nicht weiter betrieblich genutzte Anteil ist 1979 zum Verkehrswert zu entnehmen. Der Veräußerungsgewinn ist gemäß § 18 Abs. 3 EStG zu versteuern.
Tz. 38: Sonstige Anlagevermögen: Betriebsvorrichtungen, die mit dem Gebäude fest verbunden sind, sind nach der Betriebsaufgabe privat nicht selbstständig nutzbar.
Tz. 40: Zusammenfassung des Veräußerungsgewinnes:
Tz. 31: Grund und Boden |
45.000 DM |
Tz. 35: Gebäude |
122.279 DM |
Tz. 36: Betriebsvorrichtungen |
-18.181 DM |
Tz. 37: Pkw |
11.300 DM |
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160.398 DM" |
Den Veräußerungsgewinn ermittelte der Betriebsprüfer unter Anwendung eines Freibetrages von 60.000 DM auf 100.398 DM.
Der ESt-Bescheid für 1979 wurde unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Betriebsprüfung mit Bescheid vom 12. Januar 1984 gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert.
Am 25. Januar 1998 schloss die Mutter des Klägers mit ... (Y) einen Vertrag, in dem an Y die ausschließlichen Nutzungsrechte an allen Werken übertragen wurden, die in der Anlage zu dem Vertrag aufgelistet und näher bezeichnet sind. In § 1 des Vertrages erklärte die Mutter des Klägers, dass sie über die zum Nachlass von Herrn A gehörenden und den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Werke, insbesondere Manuskripte, Expose’es, Ideensammlungen etc. allein verfügungsberechtigt sei. Nach § 6 des Vertrages zahlt Y der Mutter des Klägers für die Einräumung der genannten Rechte netto 600.000 DM zuzüglich 7 % Umsatzsteuer (USt) 42.000 DM, d.h. insgesamt 642.000 DM. Dieser Betrag war nach § 6 Abs. 2 des Vertrages wie folgt zur Zahlung fällig: 200.000 DM zuzüglich USt bei Vertragsabschluss, 200.000 DM zuzüglich USt nach Materiallieferung gemäß § 4, jedoch nicht vor dem 1. Juli 1998 sowie 200.000 DM zuzüglich USt am 2. Januar 1999, jedoch nicht vor Fälligkeit der zweiten Rate.
Die Mutter des Klägers erhielt zwei Raten 1998 und die letzte Ratenzahlung in Höhe von 214.000 DM im Jahre 1999.
In ihren Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen für 1998 und 1999 gab die Mutter des Klägers keinen Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Nutzungsrechte an den Werken ihres verstorbenen Ehemannes an.
Mit ESt-Bescheid für 1998 vom 26. Juli 2000 setzte das damals zuständige Finanzamt die ESt auf ... DM fest. Dabei berücksichtigte es einen Veräußerungsgewinn bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 342.400 DM, den es bei der Berechnung der ESt dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 2 EStG unterwarf. Den hiergegen eingelegten Einspruch nahm die Mutter des Klägers zurück, nachdem das Finanzamt darauf hingewiesen hatte, dass es beabsichtige, den Gewinn im Wege einer verbösernden Einspruchsentscheidung als laufenden Gewinn mit dem normalen Steuersatz anzusetzen.
Mit ESt-Bescheid für 1999 vom 27. Februar 2001 setzte das Finanzamt die ESt nach einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von ... DM auf ... DM fest. Dabei berücksichtigte es einen Veräußerungsgewinn bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 171.200 DM, ...