Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: zur zeitliche Geltung des Widerrufs der Berechtigtenbestimmung. Änderung der Berechtigungsbestimmung gemäß § 64 EStG nur für die Zukunft möglich
Leitsatz (redaktionell)
Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt der Eltern und haben diese untereinander die Berechtigtenbestimmung getroffen, so kann diese als rechtsgestaltende Willenserklärung grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der zurückliegende Zeitraum ausnahmsweise noch einer Rechtsgestaltung zugänglich bleibt, z.B. weil der Kindergeldanspruch aufgrund fehlender Erfüllung gegenüber dem bislang Berechtigten noch nicht erloschen ist.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 1-2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin (Klin.) ab 01. Januar 1998 ein Kindergeldanspruch für drei Kinder zusteht.
Die Klin. ist verheiratet; sie war im … beschäftigt. Ihr Ehemann ist …. Aus der Ehe sind die Töchter Maria und Else Winter hervorgegangen, aus einer Vorehe der Sohn Fritz. Der Ehemann der Klin. bezog das Kindergeld für alle drei Kinder vom Landesbesoldungsamt Schleswig-Holstein in Höhe von 740 DM monatlich. Wegen eines auswärtigen Schulbesuchs lebte der Sohn Fritz seit Januar 1998 nicht mehr in dem gemeinsamen Haushalt des Stiefvaters und der Klin.. Mit Antrag vom 05. Mai 1998 beantragte die Klin. beim Arbeitsamt A Kindergeld für ihren Sohn Fritz. Da sie den überwiegenden Unterhalt leistete, erhielt sie rückwirkend ab Januar 1998 gemäß Bewilligungsbescheid vom 17. Juni 1998 Kindergeld für ihren Sohn in Höhe von 220 DM. Während des Bewilligungsverfahrens hatte die Klin. auf Rückfrage des Arbeitsamts am 27. April 1998 – eingegangen beim Arbeitsamt A am 13. Mai 1998 – erklärt, daß das Kindergeld für ihre beiden Töchter weiterhin auf das Konto ihres Ehemannes gezahlt werden solle. Das Landesbesoldungsamt Schleswig-Holstein hob den Kindergeldbescheid für Fritz ab Januar 1998 auf. Der Ehemann der Klin. zahlte an das Landesbesoldungsamt für die Monate Januar bis Mai 1998 400 DM Kindergeld zurück (fünf Monate × 80 DM = Differenz zwischen 300 DM und 220 DM Kindergeld für das dritte Kind).
Mit Schreiben vom 04. Juni 1998 – eingegangen beim Arbeitsamt A am 08. Juni 1998 – beantragten die Klin. und ihr Ehemann, das Kindergeld für die Töchter Maria und Else rückwirkend ab Januar 1998 ebenfalls an die Klin. auszuzahlen. Sie seien bereit, das an den Ehemann ausgezahlte Kindergeld (440 DM monatlich) an das Landesbesoldungsamt zurückzuzahlen. Der Antrag erfolge, weil sonst für kein Kind das Kindergeld in Höhe von 300 DM (für das dritte Kinde) gezahlt würde und zudem keiner von ihnen den vollen Familienzuschlag bekäme.
Mit Bescheid vom 21. Juli 1998 bewilligte das Arbeitsamt gemäß Antrag vom 08. Juni 1998 Kindergeld für die Kinder Fritz, Maria und Else ab Juni 1998 in Höhe von 740 DM monatlich. Eine rückwirkende Bewilligung ab Januar 1998 lehnte das Arbeitsamt mit der Begründung ab, daß der Ehegatte der Klin. für Maria und Else bis einschließlich Mai 1998 Kindergeld erhalten habe. Eine Nachzahlung für Maria und Else für die Zeit von Januar bis Mai 1998 käme nicht in Betracht, weil die Kinder erst ab dem Monat der Berechtigtenbestimmung bei der Klin. berücksichtigt werden könnten.
Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch begehrte die Klin. weiterhin, für drei Kinder rückwirkend ab Januar 1998 Kindergeld zu erhalten, da es nach Auskunft des Landesbesoldungsamtes möglich sei, daß ihr Ehemann das bis einschließlich Mai 1998 erhaltene Kindergeld für die Töchter Maria und Else an das Landesbesoldungsamt zurückzahle.
Das Arbeitsamt wies den Einspruch durch Entscheidung vom 08. Oktober 1998, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
Mit der Klage verfolgt die Klin. ihr Einspruchsbegehren weiter. Zur Begründung trägt sie durch ihren Prozeßbevollmächtigten im wesentlichen vor:
Im April 1998 habe das Landesbesoldungsamt den Ehemann der Klin. darauf hingewiesen, daß dieser nicht länger berechtigt sei, das Kindergeld für seinen nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebenden Stiefsohn Fritz zu beziehen. Das Kindergeld stehe – so das Landesbesoldungsamt – insoweit ausschließlich der leiblichen Mutter, also der Klin., zu. Diese habe bei dem Arbeitsamt einen entsprechenden Kindergeldantrag zu stellen. Das Landesbesoldungsamt habe insoweit die Kindergeldzahlung an den Ehemann der Klin. eingestellt und ihn auf Rückzahlung der in 1998 bis dahin erbrachten Mehrzahlungen für ein drittes Kind in Höhe von 400 DM in Anspruch genommen. Für den Monat Mai habe die Klin. ein Kindergeld von 220 DM für Fritz erhalten; ebenso habe ihr Ehemann für die beiden Töchter ein entsprechendes Kindergeld von 440 DM erhalten. Daraufhin habe die Klin. auch für ihre beiden Töchter das Kindergeld beantragt, aber erst ab Juni 1998 das volle Kindergeld in Höhe von 740 DM erhalten. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund für die Zeit von Januar bis einschließlich Mai 1998 ein um monatlich 80 DM reduziertes Kindergeld der Klin. bzw. ihrem Eh...