Erhöhtes Haftungsrisiko für Steuerberater bei Jahresabschlusserstellung
[Ohne Titel]
Dr. Alexander Verhoeven, RA/FafInsolvenzrecht
Die Rechtsprechung hat bereits über viele Jahre hinweg versucht, die Haftung im Rahmen eines Krisenmandats für den Steuerberater rechtssicher auszugestalten. Dabei hat sich bis zu einer wegweisenden Entscheidung des BGH im Jahre 2017 eine umfangreiche Judikatur herausgebildet. Die verschärfte Haftung nach dem vorgenannten Urteil des BGH hat der Gesetzgeber nun i.R.d. Genese des StaRUG im Gesetz niedergelegt. Der vorliegende Beitrag nimmt diese Entwicklung zum Anlass, um den mit dem Jahresabschluss eines mandatierenden Unternehmens beschäftigten Steuerberatern die Konsequenzen und den möglichen Umgang mit diesen "neuen" Haftungsrichtlinien für die insolvenznahe Beratung noch einmal aktualisiert und fokussiert darzustellen.
1. Einführung
a) Der Berater im Fokus der Insolvenzverwalter
Nachdem die Wirtschaft Corona weitestgehend überstanden hat, bleibt festzustellen, dass sich in den ersten Monaten des Jahres 2021 wenig beim Thema neue Insolvenzverfahren getan hat.
Rückgang der Insolvenzverfahren: Vielmehr sind die Zahlen bezüglich der Eröffnung von Insolvenzverfahren durch die zahlreichen staatlichen Stützungsmaßnahmen wie
- KfW-Kredite (EUR 53,5 Mrd.),
- Zuschüsse (EUR 52,8 Mrd.),
- Rekapitalisierungen (EUR 8,7 Mrd.) sowie
- Bürgschaften und Garantien (EUR 5,6 Mrd.)
massiv zurückgegangen. In Summe stellte der Bund so Bewilligungen und Auszahlungen i.H.v. von EUR 120,6 Mrd. zur Verfügung.
Zusätzlich wendete die Bundesagentur für Arbeit allein im Jahr 2020 rund EUR 61 Mrd. auf, um durch Maßnahmen wie das Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld die Folgen der Pandemie auf dem Arbeitsmarkt abzufedern.
Das Recht zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch das kurzerhand beschlossene Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) hat diesen Trend noch verstärkt.
Beraterhinweis In solchermaßen "schwierigen Zeiten" suchen gerade Insolvenzverwalter verstärkt im Bereich der Beraterhaftung nach Möglichkeiten, die Insolvenzmasse zu mehren. Dabei kann der Insolvenzverwalter
- zum einen als Vertreter der insolvenzbefangenen Gesellschaft, aber
- zum anderen auch aus abgetretenen Ansprüchen
vorgehen.
Ausgeweitete Beraterhaftung: Der BGH stellte seit dem Jahr 2011 in mehreren Entscheidungen fest, dass die Schutzwirkung des Beratervertrages nach den allgemeinen gesetzlichen Regeln des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter die Haftung auf den Schaden der
- Gesellschafter und/oder
- Geschäftsführer
der geprüften Gesellschaft ausweiten kann.
Beraterhinweis In diesen Fällen droht dem "falsch beratenden" Steuerberater die Inanspruchnahme auch von Seiten des Gesellschafters und/oder Geschäftsführers. Diese möglichen Ansprüche kann sich der Insolvenzverwalter vom Gesellschafter und/oder dem Geschäftsführer abtreten lassen.
b) Mögliche Folgen gerade für den Jahresabschlussersteller aufgrund geänderter Rechtsprechung und neuer Gesetzeslage
Der überwiegende Teil von Insolvenzverfahren in Deutschland weist im Vorfeld der Antragstellung bereits eine längere Phase der Insolvenzverschleppung auf.
aa) Beachtung der neuesten (verschärfenden) BGH-Rechtsprechung
Geschäftsleiter und ihre Berater sollten mit Blick auf die Frage des Zeitpunkts für eine rechtzeitige Einleitung von Gegenmaßnahmen
- im Falle einer beginnenden Krise bzw.
- der rechtzeitigen Insolvenzantragstellung im Falle einer bereits entsprechend fortgeschrittenen Krise
unbedingt die neueste BGH-Rechtsprechung beachten. Diese weitet die Haftungsgefahren in Fällen von Insolvenzverschleppung erheblich aus. Beachten Sie: Künftig kann sich die Haftung
ergeben.
Beachten Sie: Dies galt zu Zeiten der Konkursordnung und entgegen den ursprünglichen Zielen des Gesetzgebers – der eine frühzeitige Antragstellung erreichen und damit eine Sanierung unter Insolvenzschutz ermöglichen wollte – leider auch nach Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999 und später dem ESUG noch immer.