Rz. 4

Die Wesentlichkeitsanalyse (auch Materialitätsanalyse) bildet die Basis für den Aufbau der verpflichtenden CSRD-Berichterstattung und ist Bestandteil der ESRS-Vorgaben.[1] Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem die für das Unternehmen wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen identifiziert und bewertet werden. Dies hilft, den Fokus auf die Bereiche zu legen, die den größten Wert und den größten Einfluss auf das Unternehmen bzw. die Umwelt haben und für das langfristige Wachstum entscheidend sind.[2] Ferner lässt sich aus den identifizierten Kernthemen eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, und dies befähigt Unternehmen, neue Geschäftsperspektiven und Tätigkeitsfelder daraus abzuleiten. Eine Materialitätsanalyse ist daher, unabhängig von den Anforderungen, für jedes Unternehmen sinnvoll. Die Analyse umfasst dabei die Bewertung von Umweltthematiken, sozialen Aspekten sowie Governance-Themen. Für gewöhnlich wird für die Analyse der wesentlichsten Nachhaltigkeitsthemen sowohl die Unternehmensperspektive als auch die Perspektive der wichtigsten Stakeholder berücksichtigt und in einer Wesentlichkeitsmatrix vereint (§ 10B). Bislang wurde die Wesentlichkeitsanalyse bei der Bionorica in abgeschwächter Form unter Leitung der Unternehmenskommunikation durchgeführt.

 

Rz. 5

Gem. der neuen Vorgaben ist es nunmehr wichtig, die doppelte Wesentlichkeitsperspektive anzuwenden, d. h., es gilt alle Auswirkungen, die das Unternehmen auf die Umwelt (Inside-out = Impact-Materialität) und umgekehrt welche Auswirkungen die Umwelt auf das Unternehmen (Outside-in = finanzielle Materialität) hat, zu ermitteln. Für die Analyse müssen alle tatsächlichen sowie alle potenziell möglichen Auswirkungen in die Betrachtung eingeschlossen werden. Das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit gilt als erfüllt, wenn ein Nachhaltigkeitsaspekt aus einer oder beiden Perspektiven von Bedeutung ist. Die Impact-Materialität identifiziert relevante Faktoren, die möglicherweise einen Einfluss, egal ob positiv oder negativ, auf Menschen und Umwelt und bspw. auf das Ansehen, das Image und die Nachhaltigkeit des Unternehmens haben. Die finanzielle Materialität betrachtet die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten, die sich auf die finanzielle Lage sowie den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, also u. a. Umsatz-, Kostenentwicklung etc., auswirken.[3]

[2] Vgl. Haufe Online Redaktion, Wesentlichkeitsanalyse nach CSRD: ein dynamisches Projekt, www.haufe.de/sustainability/strategie/wesentlichkeitsanalyse/wesentlichkeitsanalyse-definition_575772_601642.html, Abruf 14.6.2024.
[3] Vgl. Haufe Online Redaktion, Wesentlichkeitsanalyse nach CSRD: ein dynamisches Projekt, www.haufe.de/sustainability/strategie/wesentlichkeitsanalyse/wesentlichkeitsanalyse-definition_575772_601642.html, Abruf 14.6.2024.

3.1.1 Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse

 

Rz. 6

Um die Fülle der möglichen relevanten Themen im Vorfeld einzugrenzen, wurde im ersten Schritt eine Longlist erarbeitet. Hierzu wurden u. a. konkret die Anforderungen an die Berichterstattung der EFRAG (die ESRS enthalten 12 Berichtsstandards: 2 mit übergreifenden Anforderungen und 10 zu Nachhaltigkeitsthemen aus den Bereichen Environment = Umwelt, Social = Soziales sowie Governance = Unternehmensführung/-kultur)[1] mit bislang geltenden Berichtsstandards (GRI, SABS) abgeglichen. Ebenso wurde der bereits vorhandene Nachhaltigkeitsbericht hinsichtlich der darin enthaltenen Themen untersucht. Zuletzt fand ein Abgleich von potenziellen Meldungen/Themen in den Medien (bspw. aus der Branche) statt und wurde um die Anforderungen relevanter Stakeholder ergänzt. Mittels einer Peer Group Analyse konnte eine Gruppe vergleichbarer Unternehmen bzw. Wettbewerber auf branchentypische behandelte Nachhaltigkeitsaspekte hin gescreent werden. Die aus allen o. g. Aspekten resultierenden Ergebnisse wurden in einer Bionorica-spezifischen Shortlist zusammengefasst.

 

Rz. 7

Um alle Projektmitglieder innerhalb der Projektgruppe CSRD (Abb. 1) mit der Regulatorik vertraut zu machen, wurde ein erster gemeinsamer interner Workshop veranstaltet, in dem das externe Beraterteam insbes. die Systematik der neuen Standards vorgestellt hat. Auch das Prinzip der doppelten Wesentlichkeitsbewertung wurde detailliert erläutert, um ein einheitliches Grundverständnis bei den Fachabteilungen zu schaffen und mögliche Fragestellungen bereits im Vorfeld zu behandeln. Des Weiteren wurde in dem ersten allgemeinen Workshop der weitere Projektverlauf besprochen und der Prozess der Wesentlichkeitsanalyse, auch IRO-Assessment (Impacts, Risks, Opportunities) genannt, aufgezeigt. Damit konnte sich der Teilnehmerkreis ein besseres Bild davon machen, welche Informationen durch die Fachabteilungen bereitgestellt werden müssen. Ferner war eine Einschätzung darüber möglich, ob das vorab definierte Projektteam bereits vollständig ist oder ob es noch Unterstützung durch weitere...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge