Judith Frank, Katharina Zeller
Rz. 21
Die primäre Herausforderung war zunächst, dass die Bionorica durch die im November 2022 verabschiedete CSRD zukünftig überhaupt erst berichtspflichtig wird. Bisher hat das Unternehmen in regelmäßigem Rhythmus lediglich auf freiwilliger Basis, aber bereits nach den anerkannten Standards der GRI zum Thema Nachhaltigkeit berichtet. Die CSRD verändert Art und Umfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung grundlegend. Sie verlangt von den Unternehmen, ihre Ziele, Strategien und Maßnahmen hinsichtlich der durch die Wesentlichkeitsanalyse identifizierten wesentlichen Themen sowie ihre Nachhaltigkeitsleistung anhand der von den ESRS vorgegebenen Kennzahlen detailliert offenzulegen.
Rz. 22
Bei Bionorica ist das Thema Nachhaltigkeit zwar schon länger ein fester Bestandteil der Unternehmensleitwerte, doch gab es in der Vergangenheit keine eigenständige Abteilung für Nachhaltigkeitsmanagement und damit auch keine zielgerichtete Nachhaltigkeitsstrategie. Bisher wurden eher einzelne Maßnahmen umgesetzt, wie z. B. ein Kreislaufwirtschaftsprojekt, so dass bei der Mitarbeiterschaft noch kein einheitliches Verständnis für Nachhaltigkeit vorhanden war. Gerade zu Beginn war somit auch keine Vorstellung für Bedeutung und Umfang zur Durchführung einer Materialitätsanalyse vorhanden. Wie bei zahlreichen anderen Unternehmen auch wurden die für die Umsetzung des Projekts benötigten Kapazitäten und Ressourcen unterschätzt. Es war kein einfaches Unterfangen, die benötigten Mitarbeiter für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren.
Rz. 23
Auch für die Zukunft wird es Herausforderung bleiben, für jeden Projektschritt eine möglichst effiziente Herangehensweise zu wählen, die sowohl der Relevanz des Themas als auch der Zeit- und Ressourcenplanung aller involvierten Fachabteilungen Rechnung trägt. Nachhaltigkeit entwickelt sich Schritt für Schritt zur Querschnittsfunktion im Unternehmen. Entsprechend umfassend ist der Kreis der Fachabteilungen, der bei aufkommenden Fragestellungen hinzuzuziehen ist und sich jeweils aktiv einbringen muss. Hinzu kommt, dass die vielen Themen meist parallel bearbeitet werden müssen, um eine zeitgerechte Umsetzung zu ermöglichen. Auch dies bedeutet einen erhöhten Workload für alle beteiligten Fachabteilungen. Jedoch: Nur durch die Unterstützung und Zusammenarbeit aller Beteiligten kann die nachhaltige Transformation bei Bionorica langfristig gelingen.
Rz. 24
Neben der Einbindung der Mitarbeiter stellte sich die Frage, wie und welche Stakeholder im Verlauf des Projekts zusätzlich angesprochen werden sollten. Bionorica hatte für die bisherige Nachhaltigkeitsberichterstattung bereits relevante Stakeholder definiert. Da jedoch der Einbezug der Stakeholder explizit von der Regulatorik der CSRD gefordert wird, wurde gemeinsam mit dem Beraterteam nach einer Möglichkeit gesucht, diese Anforderung prüfsicher zu erfüllen. So kamen zusätzlich zu den bereits definierten noch weitere Stakeholder-Gruppen hinzu bzw. wurden die schon bekannten Stakeholder-Gruppen noch stärker differenziert sowie nach ihrer Bedeutung für die Bionorica in unterschiedliche Stakeholder-Gruppen überführt, mit denen zukünftig je nach Relevanz/Eingruppierung in die erarbeitete Matrix (siehe Abb. 1 in § 10B Rz 7) umgegangen werden soll.
Rz. 25
Ein letzter Punkt, der hinsichtlich Herausforderungen bei der Wesentlichkeitsanalyse besonders erwähnenswert ist, bezieht sich auf die Unternehmensstruktur der Bionorica SE: Bionorica hat ihren Hauptsitz in Neumarkt, ist außerdem in über 40 Ländern weltweit auf 5 Kontinenten tätig und hat in verschiedensten Ländern Tochterfirmen und Repräsentanzen, die u. a. Forschungsaufgaben, Anbau und Produktion von Arzneipflanzen und Extrakten sowie den Vertrieb und das Marketing in den Märkten übernehmen. Die Perspektiven sämtlicher externer und ausländischer Standorte mussten sich in jedem Fall in den IROs widerspiegeln. Dazu wurden in Abstimmung zwischen Projekt- und Beraterteam Fragebögen entwickelt und an alle externen Gesellschaften/Repräsentanzen verschickt, um die Konzernperspektive in die Wesentlichkeitsbetrachtung einfließen zu lassen. Um ein einheitliches Verständnis sicherzustellen und vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, wurde mit allen verantwortlichen Mitarbeitern der externen Gesellschaften nach Versendung der Fragebögen ein gemeinsamer Workshop veranstaltet, um die Notwendigkeit aufzuzeigen und ggf. aufgekommene Fragen hinsichtlich Beantwortung der einzelnen Datenpunkte zu klären. Die dadurch erhaltenen Informationen der Ländergesellschaften wurden im Nachgang in die jeweiligen IRO-Templates übernommen.