Leitsatz
1. Hat ein Bauträger aufgrund der rechtsirrigen Annahme seiner Steuerschuld als Leistungsempfänger von ihm bezogene Bauleistungen nach § 13b UStG versteuert, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung geltend machen, ohne dass es darauf ankommt, dass er einen gegen ihn gerichteten Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt oder die Möglichkeit für eine Aufrechnung durch das FA besteht (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. September 2018 V R 49/17, BStBl II 2019, 109; entgegen BMF-Schreiben vom 26. Juli 2017, BStBl I 2017, 1001, Rz. 15a).
2. Sind Bauunternehmer und Leistungsempfänger bei einem vor Erlass des BFH-Urteils vom 22. August 2013 V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) abgeschlossenen und durchgeführten Bauvertrag übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers ausgegangen und hat der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers entfallende Umsatzsteuer an das FA abgeführt, steht dem Bauunternehmer aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags zu, wenn der Bauträger Erstattung der Steuer verlangt und deshalb für den Bauunternehmer die Gefahr entsteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gemäß § 27 Abs. 19 UStG die Umsatzsteuer abführen zu müssen (Anschluss an das BGH-Urteil vom 17. Mai 2018 VII ZR 157/17, HFR 2018, 661).
Normenkette
§ 13b, § 17, § 27 Abs. 19 UStG, § 133, § 157 BGB
Sachverhalt
Der Kläger, selbstständiger Malermeister, vermietet umsatzsteuerfrei Wohnungen. Er ließ in den Jahren 2009 bis 2011 Instandhaltungsarbeiten durchführen und ging zunächst – in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung (Abschn. 182a Abs. 11 UStR) – davon aus, dass er für die genannten Leistungen als Steuerschuldner gemäß § 13b UStG anzusehen sei. Den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre waren jeweils als Anlage zur Anlage V Einzelaufstellungen der Erhaltungsaufwendungen beigefügt, aus denen sich der jeweilige Rechnungsbetrag, der Name des leistenden Handwerkers sowie ggf. die Anwendung des § 13b UStG ergab.
Im Jahr 2014 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil vom 22.8.2013 (BFH, Urteil vom 22.8.2013, V R 37/10, BFH/NV 2014, 130), die Umsatzsteuer 2009 bis 2011 um die zu Unrecht nach § 13b UStG abgeführten Beträge für die Leistungsbezüge im Zusammenhang mit den Vermietungsumsätzen herabzusetzen.
Das FA lehnte den Antrag ab. Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 28.4.2017, 1 K 2634/15 U, Haufe-Index 10964614, EFG 2017, 1217) gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA in der Sache als unbegründet zurück. In Bezug auf die Jahre 2009 und 2011 hob er jedoch aufgrund des Ergehens von Teilabhilfebescheiden formal die Vorentscheidung auf und gab der Klage weiterhin statt.
Hinweis
1. Ein Ende des Dramas um die Bauträger-Fälle, das der BFH maßgeblich mit hervorgerufen hat (vgl. BFH, Beschluss vom 30.6.2011, V R 37/10, BStBl II 2011, 842, BFH/NV 2011, 1633, BFH/PR 2011, 391; BFH, Urteil vom 22.8.2013, V R 37/10, BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130, BFH/PR 2014, 53; BFH, Urteil vom 11.12.2013, XI R 21/11, BStBl II 2014, 425, BFH/NV 2014, 804, BFH/PR 2014, 204; BFH, Beschluss vom 17.12.2015, XI B 84/15, BStBl II 2016, 192, BFH/NV 2016, 518, BFH/PR 2016, 117; BFH, Beschluss vom 27.1.2016, V B 87/15, BFH/NV 2016, 716, BFH/PR 2016, 149) geht nun zum Glück (hoffentlich) dem Ende entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 23.2.2017, V R 16, 24/16, BStBl II 2017, 760, BFH/NV 2017, 872; BFH, Urteil vom 27.9.2018, V R 49/17, BStBl II 2019, 109, BFH/NV 2019, 87, BFH/PR 2019, 33).
Der BGH leistet dazu (mehr als) tatkräftig Mithilfe (BGH, Urteil v. 17.5.2018, VII ZR 157/17, BFH/NV 2018, 1071; BGH vom 10.1.2019, VII ZR 6/18, Haufe-Index 12902559; BGH, Urteil vom 10.1.2019, VII ZR 7/18, Haufe-Index 12955468), indem er § 27 Abs. 19 UStG(rückwirkend steuerverschärfend) analog auf Fälle anwendet, auf die ihn die Finanzverwaltung selbst nicht einheitlich angewendet hatte.
2. Das BMF wendet die Rechtsprechung des BFH inzwischen an (BMF vom 24.1.2019, BStBl I 2019, 117). Dies hat zur Folge, dass aus Sicht der Finanzverwaltung für die Festsetzung von Erstattungszinsen der (reguläre) Zinslauf nach § 233a Abs. 2 AO zugrunde zu legen ist; § 233a Abs. 2a AO ist aus Sicht der Finanzverwaltung nicht anzuwenden. Daher erledigen sich derzeit reihenweise beim BFH dazu anhängige Revisionsverfahren (V R 3/18, XI R 4/18, V R 7/18, V R 8/18).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.1.2019 – XI R 21/17