[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Gerhard Bruschke, StB
Das Grunderwerbsteuerrecht hat sich mehr und mehr zu einer schwierigen und teilweise auch unüberschaubaren Rechtsmaterie entwickelt. In der Praxis stellt man gleichwohl fest, dass einige Vorschriften nur unzureichend beachtet werden. Hierzu zählt die geradezu klassische Vorschrift des § 16 Abs. 5 GrEStG, die bei Nichtbeachtung von Anzeigepflichten regelmäßig zu einer doppelten Besteuerung führt. Diese Vorschrift ist allerdings auf solche Erwerbsvorgänge beschränkt, die unter die Vorschriften des § 1 Abs. 2 bis 3a und Abs. 4a GrEStG fallen. Die betreffenden Erwerbsvorgänge spielen sich ausschließlich im unternehmerischen Bereich ab. Die entsprechenden Vorschriften werden im Beitrag kurz vorgestellt und die Rechtsfolgen des § 16 Abs. 5 GrEStG ausführlich erörtert.
1. Einleitung
Das Grunderwerbsteuerrecht hat sich mehr und mehr zu einer schwierigen und teilweise auch unüberschaubaren Rechtsmaterie entwickelt. In der Praxis stellt man gleichwohl fest, dass einige Vorschriften nur unzureichend beachtet werden, obwohl sie weitreichende rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Eine geradezu klassische Vorschrift in diesem Bereich stellt § 16 Abs. 5 GrEStG dar, die bei Nichtbeachtung von Anzeigepflichten regelmäßig zu einer doppelten Besteuerung führt.
Diese Vorschrift ist allerdings auf solche Erwerbsvorgänge beschränkt, die unter die Vorschriften des § 1 Abs. 2 bis 3a und Abs. 4a GrEStG fallen. Die betreffenden Erwerbsvorgänge spielen sich ausschließlich im unternehmerischen Bereich ab und beinhalten dort wesentliche Veränderung im Gesellschafterbestand bei grundbesitzhaltenden Gesellschaften. Die entsprechenden Vorschriften werden nachstehend kurz angerissen und die Rechtsfolgen des § 16 Abs. 5 GrEStG ausführlich dargestellt.
2. Korrekturvorschrift
Die Ausgestaltung des Grunderwerbsteuerrechtes, nach dem die Steuertatbestände an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpfen, erfordert eine Korrekturvorschrift, sofern die Wirkungen dieser Rechtsvorgänge später tatsächlich nicht eintreten oder auf Grund eines neuen Rechtsaktes rückgängig gemacht werden. Die entsprechenden Regelungen befinden sich in § 16 GrEStG.
Die wesentlichen Tatbestände der Vorschrift beziehen sich
- auf die Nichterhebung der Steuer, wenn der Erwerbsvorgang vor dem eigentlichen Eigentumsübergang rückgängig gemacht wird (§ 16 Abs. 1 GrEStG),
- auf die Nichterhebung oder Rückgängigmachung der Steuerfestsetzung, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerlangt und zusätzlich weitere Voraussetzungen vorliegen (§ 16 Abs. 2 GrEStG),
- auf die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer, wenn die Gegenleistung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung herabgesetzt wird oder eine Herabsetzung der Gegenleistung auf Grund von Sachmängeln (§ 437 BGB) erfolgt (§ 16 Abs. 3 GrEStG) und
- auf die Besonderheiten beim Signing und Closing von Share Deals (§ 16 Abs. 4a GrEStG). Diese Vorschrift wurde erst mit dem JStG 2022 (JStG 2022 v. 16.12.2022, BGBl. I 2022, 2294 = BStBl. I 2023, 7) in das Gesetz aufgenommen.
Ein eher stiefmütterliches Dasein führt dabei eine Regelung in § 16 GrEStG, die jedoch bei besonders gelagerten Sachverhalten eine Korrektur der ursprünglich entstandenen Steuer verhindert. Dabei handelt es sich um § 16 Abs. 5 GrEStG. Im Zuge der Einführung des § 16 Abs. 4a GrEStG wurde auch diese Vorschrift um einen weiteren Satz erweitert und damit auch auf das Signing und Closing bei Share Deals ausgedehnt. Nach dieser Bestimmung gelten die Abs. 1 bis 4 und Abs. 4a des § 16 GrEStG nämlich dann nicht, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a, 2b und Abs. 3, 3a GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird und dieser zuvor nicht ordnungsgemäß angezeigt war. Bei diesen Erwerbsvorgängen handelt es sich um Ersatz- und Ergänzungstatbestände, die besondere Umstände im Rechtsverkehr berücksichtigen und zum Teil auch Umgehungen des Steuerrechts verhindern sollen.
§ 1 Abs. 2 GrEStG erfasst demgemäß die Verschaffung der Verfügungsmacht über ein Grundstück, wenn dem kein schuldrechtlicher Vertrag über die Verschaffung des Eigentums vorausgegangen ist. Die Vorschrift beinhaltet einen selbständigen, allerdings gegenüber den Grundtatbeständen des § 1 Abs. 1 GrEStG subsidiären Besteuerungstatbestand (BFH v. 12.12.1973 – II R 29/69, BStBl. II 1974, 251).
Über § 1 Abs. 2a GrEStG wird die vollständige oder wesentliche Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft erfasst. Die Vorschrift hat zum Ziel, Umgehungstatbestände zu verhindern. Zu diesem Zweck erfasst das Gesetz Änderungen Im Gesellschafterbestand einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft von mindestens 90 % innerhalb von zehn Jahren.
§ 1 Abs. 2b GrEStG wurde erst durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes v. 12.5.2021 (BGBl. I 2021, 986 = BStBl. I 2021, 838) mit Wirkung zum 1.7.2021 eingefügt. Die Vorschrift entspricht den Regelungen des Abs. 2a, die jetzt ausdrücklich auch für grundbesitzhaltende Kapitalgesellschaften ge...