[Ohne Titel]
StB Axel Jansen
§ 25f UStG und die der Vorschrift zugrunde liegende Rechtsprechung erfordern hohe Sorgfalt der Unternehmer bei der Prüfung neuer und bestehender Geschäftsbeziehungen. Allein die mögliche Kenntnis der Umsatzsteuerhinterziehung durch einen anderen Unternehmer in der Lieferkette reicht aus, um dem Unternehmer den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen oder die Steuerbefreiung seiner innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen. Jeder Unternehmer sollte sich der potentiellen Risiken durch die Verwicklung in Umsatzsteuerbetrugsfälle bewusst sein und Maßnahmen ergreifen, um sich so gut wie möglich zu schützen. Der Beitrag gibt Hinweise auf mögliche Problemfälle und Empfehlungen, um Risiken zu reduzieren.
I. Grundlagen der Vorschrift
1. § 25f UStG als Spezialnorm des UStG
Die Vorschrift des § 25f UStG wurde mit Wirkung zum 1.1.2020 neu in das UStG aufgenommen. Sie setzt im Ergebnis die bisherige Rechtsprechung des EuGH und des BFH zum Umsatzsteuerbetrug um.
Verlust des Vorsteuerabzugs und Versagung der Steuerbefreiung: Die Vorschrift sieht nachteilige Konsequenzen für einen Unternehmer vor, der an einer Lieferkette beteiligt ist, in der ein anderer Beteiligter eine Hinterziehung von Umsatzsteuer begangen hat. Dem dadurch an der Hinterziehung nur mittelbar beteiligten Unternehmer drohen der Verlust des Vorsteuerabzugs aus seinen Eingangsleistungen und gegebenenfalls die Versagung der Steuerbefreiung seiner innergemeinschaftlichen Lieferung. Es geht nicht um eine Hinterziehung durch den Unternehmer selbst, die bereits durch § 370 AO abgedeckt wird bzw. durch Rückgriff auf die Missbrauchsrechtsprechung des EuGH und der deutschen Gerichtsbarkeit erfasst wird, sondern um eine Hinterziehung an einer beliebigen anderen Stelle in der Lieferkette, sofern der Unternehmer davon Kenntnis hatte oder hätte haben müssen.
Darüber hinaus verweist § 25f Abs. 1 UStG auf § 26a und § 26c UStG, die sich auf die Schädigung des Umsatzsteueraufkommens durch die Nichtentrichtung festgesetzter Steuern, andere Ordnungswidrigkeiten und den bandenmäßigen Steuerbetrug beziehen. Hierdurch wird ein weiter Rahmen an Fällen der Schädigung des Umsatzsteueraufkommens abgedeckt, was auch der weiten Auslegung der zur Betrugsbekämpfung geeigneten Maßnahmen durch die EuGH-Rechtsprechung entspricht.
§ 25f UStG verweist ohne weitere Einschränkung auf § 26a UStG und nicht nur auf § 26a Abs. 1 UStG, der die nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Entrichtung festgesetzter Umsatzsteuer als Ordnungswidrigkeit betrifft.Es stellt sich daher die Frage, ob ein Unternehmer auch dann bestraft werden kann, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass ein anderer Unternehmer in der Lieferkette Ordnungswidrigkeiten nach § 26a Abs. 2 UStG begangen hat, z.B. die Nichtausstellung oder Nichtaufbewahrung von Rechnungen, Fehler oder Falschangaben bei Zusammenfassenden Meldungen u.Ä.. Da Umsatzsteuerhinterziehungen oft mit der Fälschung entsprechender Belege oder dem Verstoß gegen Meldepflichten einhergehen, ist der Verweis auf § 26a UStG ohne Einschränkung konsequent. Der Verweis auf § 26c UStG (bandenmäßige Steuerhinterziehung) ist ebenfalls folgerichtig.
§ 25f UStG keine Haftungsnorm: Die Haftung für den Steuerbetrug anderer, wenn der Steuerpflichtige an der Tat beteiligt war, regelt § 71 AO. § 25f UStG stellt keine Haftungsvorschrift dar, sondern bildet die gesetzliche Grundlage, um mit der Versagung von Vorsteuerabzug und ggf. Steuerbefreiung über den Umfang einer reinen Haftung hinauszugehen und eine weitergehende Sanktionierung des Unternehmers zu ermöglichen, der die Beteiligung an einem Umsatzsteuerbetrug zumindest hätte erkennen müssen. Eine Begrenzung der Inanspruchnahme des Unternehmers auf den tatsächlichen Steuerschaden lehnt der EuGH ausdrücklich ab, da die Kenntnis von einem Steuerbetrug dazu führt, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug insgesamt nicht gegeben sind.
Nach Auffassung des BMF ist die zusätzliche Haftung nach § 71 AO nicht ausgeschlossen (Abschn. 25f.1 Abs. 6 S. 4 UStAE). Dies verwundert, da die Haftungsschuld grundsätzlich auf die Höhe des Steuerschadens begrenzt ist, so dass bei einer Steuerschuld nach § 25f UStG, die den Schaden des Fiskus mindestens deckt, m.E. kein Raum mehr für eine zusätzliche Haftungsinanspruchnahme ist.
Weite Auslegung des § 25f UStG: Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass § 25f UStG weit auszulegen ist und damit im Einzelfall auch über seinen Wortlaut hinaus, da die Missbrauchsrechtsprechung des EuGH die Bekämpfung von Steuerbetrug als eigenständiges Ziel der MwSt-Systemrichtlinie ansieht und in nachgewiesenen Betrugsfällen weitgehende Einschränkungen der umsatzsteuerlichen Rechte des Unternehmers vorsieht. § 25f UStG ist daher nicht abschließend zu verstehen. Der europarechtlich durch den EuGH vorgegebene Rahmen darf jedoch nicht überschritten werden.