Die Korrektur des Feststellungsbescheids des Einlagekontos nach § 27 KStG unter Anwendung von § 129 AO aufgrund des Vorliegens einer offenbaren Unrichtigkeit ist nunmehr auch vom BFH anerkannt.
Sachverhalt
A verpflichtet sich gegenüber der A-GmbH, in einem Einbringungsvertrag zur Stärkung des Kapitals an diese vollwerthaltige Darlehensforderungen abzutreten. Im Jahresabschluss wurde diese Einstellung in die Kapitalrücklage erläutert. Das Einlagekonto wurde mit 0 EUR erklärt. Entsprechend hat das FA das Einlagekonto mit 0 EUR festgestellt.
Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO setzt voraus, dass die offenbare Unrichtigkeit in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein sog. Übernahmefehler vorliegt, d.h. das FA eine offenbare Unrichtigkeit aus der Steuererklärung in die Veranlagung übernimmt.
Offenbare Unrichtigkeiten sind mechanische Versehen, wie z.B. Eingabe- oder Übertragungsfehler. Solche sind nicht gegeben, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht.
BFH = Heranziehung des Jahresabschlusses für Beurteilung einer offenbaren Unrichtigkeit: Der BFH schließt sich der Auffassung an, dass bei der Beurteilung des Vorliegens einer offenbaren Unrichtigkeit im Bescheid über die Feststellung des Einlagekontos der Jahresabschluss heranzuziehen ist:
- ist dort eine Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB erfasst und auch erläutert,
- diese Kapitalrücklage aber nicht in die Erklärung des Einlagekontos überführt,
liegt eine offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO vor.
Beachten Sie: Allein der Umstand, dass zur Bestimmung der zutreffenden Höhe des steuerlichen Einlagekontos der Klägerin
- nicht die mechanische Übernahme der im Jahresabschluss angegeben Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ausreicht,
- sondern auf einer zweiten Stufe noch weitere Sachverhaltsermittlungen zur tatsächlichen Höhe des Einlagekontos erforderlich sind,
schließt eine offenbare Unrichtigkeit nicht aus.
Werden in der Erklärung nur Angaben zu den Endbeständen des steuerlichen Einlagekontos getätigt und sind diese offensichtlich falsch, spricht dies für eine versehentliche Nichtberücksichtigung der Einlagevorgänge, die aufgrund der Erläuterungen im Jahresabschluss auch für einen voreingenommenen Dritten erkennbar nachvollziehbar sind.
Problem in der finanzgerichtlichen Praxis ist, dass Personen, die an der Erstellung der Erklärung mitgewirkt haben, oder – je nach Konstellation – Finanzbeamte vernommen werden, um auszuschließen, dass keine falsche Rechtswürdigung vorgelegen hat. Letzteres ist je nach Befragung kaum möglich.
Bemerkenswert ist, dass der BFH selbst die Einlagenhöhe aus den Akten nicht bestimmen konnte, sondern an das FG zurückverweist, um den zutreffenden Stand des Einlagekontos zu ermitteln. Dies ist insofern interessant, als Finanzverwaltung und FG bislang davon ausgehen, dass dies einen Sachverhaltsermittlungsfehler darstellt, der eine offenbare Unrichtigkeit ausschließt.