Marktdatenstammregister maßgeblich: Die Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 72 EStG setzen voraus, dass die begünstigten Photovoltaikanlagen in Abhängigkeit von ihrem Installationsort eine bestimmte Maximalleistung nicht überschreiten (objektbezogene Prüfung). Maßgeblich bei dieser Prüfung ist die für die jeweilige Photovoltaikanlage in das Marktdatenstammregister eingetragene Bruttoleistung in kWp. Etwaige Leistungsminderungen durch Verschmutzung, Vergilbung oder Degradation sind damit unbeachtlich. Beachten Sie: Wird die Leistung einer Anlage durch Demontage einzelner Solarmodule mit dem Ziel gemindert, künftig die gesetzlich vorgesehene Maximalleistung zu erreichen oder knapp zu unterschreiten, ist dafür Sorge zu tragen, die Anpassung auch im Marktdatenstammregister vorzuhalten.
Begünstigte Photovoltaikanlagen: Unter die Steuerbefreiung fallen Photovoltaikanlagen, die sich auf, an oder in den jeweils in der Norm benannten Gebäuden befinden. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer des jeweiligen Gebäudes ist. Begünstigt sind klassische Aufdach-Anlagen sowie dach- oder fassadenintegrierte Anlagen, z.B. Solardachziegel, Indach-Module, Solarfolien sowie Fassaden- oder Balkonmodule. Auch auf Nebengebäuden – wie Garagen, Carports oder Gartenhäusern – installierte Module fallen unter die Begünstigung. Nicht begünstigt sind hingegen Freiflächenanlagen. Beachten Sie: Ertragsteuerlich sind die Photovoltaikanlagen als selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut zu behandeln (R 4.2 Abs. 3 S. 4 EStR 2012). Bewertungsrechtlich sind gebäude- wie dachintegrierte Anlagen als unselbständige Gebäudeteile dem Gebäude zuzuordnen.
Maximalleistung bestimmt durch Gebäudeart: Die Höchstbeträge für die jeweils maßgebliche Leistung für begünstigte Photovoltaikanlagen bestimmen sich nach der in § 3 Nr. 72 EStG benannten Gebäudeart (s. Abbildung). Die Maximalleistung beträgt für Einfamilienhäuser und nicht Wohnzwecken dienende Gebäude je 30 kWp sowie für sonstige Gebäude je 15 kWp pro Wohn- oder Gewerbeeinheit. Beachten Sie: Bei den Tatbestandsmerkmalen des sonstigen Gebäudes sowie der Wohn- oder Gewerbeeinheit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Der Begriff der Wohn- oder Gewerbeeinheit muss nicht mit dem Wirtschaftsgutbegriff als selbständiger Gebäudeteil in Form eines einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs übereinstimmen.
Sonstiges Gebäude: Der Begriff des sonstigen Gebäudes umfasst nach der Gesetzesbegründung Mehrfamilienhäuser und gemischt genutzte Gebäude mit Wohn- und Gewerbeeinheiten. Ihr Wesensmerkmal ist damit eine Nutzung, welche zwingend auch Wohnzwecke umfasst. Eine anderweitige Mitnutzung für Zwecke einer selbständigen Arbeit (z.B. Büro-, Kanzlei und Praxiseinheiten) oder der Land- und Forstwirtschaft (Büro- und Lagerräume) erscheint nicht ausgeschlossen. Die entsprechenden Einheiten erhöhen die Maximalleistung jedoch nicht.
Wohneinheit: M.E. ist der Begriff der Wohneinheit in Anlehnung an den Wohnungsbegriff der §§ 181 Abs. 9 bzw. 249 Abs. 10 BewG auszulegen. Demnach ist eine "Wohnung" in der Regel die Zusammenfassung mehrerer Räume, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sind, dass die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist. Hierzu müssen die notwendigen Nebenräume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) vorhanden sein. Ferner muss die Zusammenfassung aller Räume der Wohnung von anderen Räumen oder Wohnungen im Gebäude baulich abgetrennt sein, eine in sich geschlossene Wohneinheit bilden und über einen selbständigen Zugang verfügen. Die Wohnfläche sollte mindestens 20 Quadratmeter betragen.
Gewerbeeinheit: Der Begriff der Gewerbeeinheit ist gesetzlich nicht definiert. Schon der Bezeichnung nach ist er aber von der weiter gefassten betrieblichen Nutzung abzugrenzen. Denn diese umfasst auch land- und forstwirtschaftliche sowie selbständige Tätigkeiten. Beachten Sie: Warum der Gesetzgeber den Betrieb von Photovoltaikanlagen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit gegenüber den anderen mit Gewinnerzielung betriebenen Tätigkeiten begünstigt, ist nicht ersichtlich. Ob diese Vorzugsbehandlung angesichts des weiten Spielraums des Steuergesetzgebers bereits eine Verletzung der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung darstellt, kann nur auf dem Rechtsweg abschließend geprüft werden.
Hinsichtlich der räumlichen Abgrenzung einer Gewerbeeinheit verweist die Finanzverwaltung auf das Erfordernis einer selbständigen und unabhängigen Nutzbarkeit. Daneben ist m.E. auch die Verkehrsanschauung zur weiteren Beurteilung heranzuziehen.
Prüfungsreihenfolge der Gebäudearten: Nach seiner Stellung im Gesetz (§ 3 Nr. 72 S. 1 lit. b EStG) ist der Begriff des sonstigen Gebäudes nachrangig zu prüfen. Die Kategorien des Einfamilienhauses und des nicht Wohnzwecken dienenden Gebäudes gehen diesem vor (§ 3 Nr. 72 S. 1 lit. a EStG).
Abbildung: Gebäudearten und jeweilige Maximalleistung
Beraterhinweis Das BMF-Schreiben vom 17.7.2023 führt in Rz. 3 den ...