Rechtsunsicherheiten durch Verschiebung der Anwendbarkeit
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Leon Schlebrügge
Der Beitrag behandelt die – soweit ersichtlich – in der Steuerrechtswissenschaft noch nicht abschließend geklärte Frage über den genauen Zeitpunkt der erstmaligen elektronischen Übermittlung der Höhe der monatlichen Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung für das Lohnsteuerabzugsverfahren nach Maßgabe des § 39 Abs. 4a EStG sowie die damit verbundene Rechtsunsicherheit auf Seiten der zur Datenübermittlung verpflichteten Versicherungsunternehmen.
1. Einleitung
Die eingangs formulierte Frage
- stellt sich bereits seit der Einführung des § 39 Abs. 4a EStG durch das JStG 2020 vom 21.12.2020 und
- drängte sich bis zur (zunächst) geplanten erstmaligen Anwendbarkeit des § 39 Abs. 4a EStG ab dem 1.1.2024 förmlich auf.
Die nun kurzfristig durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 eingeführte Verschiebung der erstmaligen Anwendbarkeit zum 1.1.2026 führte somit ebenfalls lediglich zu einer Verschiebung dieses Problems und trug nicht zur Klärung der Rechtsfrage bei.
Im Folgenden wird in dem Beitrag
- zunächst die Regelung des § 39 Abs. 4a EStG vorgestellt (unter 2);
- sodann wendet sich der Autor dem Grund der Verschiebung des Zeitpunkts der erstmaligen Anwendbarkeit des § 39 Abs. 4a EStG vom 1.1.2024 auf den 1.1.2026 durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 und der Kritik hieran zu (unter 3).
- Sodann wird unter Hinzuziehung aller in Rede stehender Zeitpunkte und der gebotenen Auslegungsmethoden der "richtige" Zeitpunkt zur erstmaligen elektronischen Datenübermittlung ermittelt (unter 4).
2. Grundzüge des § 39 Abs. 4a EStG
§ 39 Abs. 4a EStG ist durch das JStG 2020 vom 21.12.2020 eingeführt worden. Zur erstmaligen Anwendbarkeit sah § 52 Abs. 36 S. 3 EStG a.F. vor, dass § 39 EStG i.d.F. des JStG 2020 vom 21.12.2020 – mithin auch die hier betreffende Regelung des § 39 Abs. 4a EStG – erstmals flächendeckend ab dem 1.1.2024 anzuwenden ist.
a) Datenübermittlung von Versicherungsunternehmen an BZSt (1. Schritt)
§ 39 Abs. 4a S. 1 Halbs. 1 EStG sieht vor, dass das Versicherungsunternehmen als mitteilungspflichtige Stelle dem Bundeszentralamt für Steuern (im Folgenden: BZSt) nach Maßgabe des § 93c AO die in § 39 Abs. 4 Nr. 4 EStG genannten Beiträge unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten zu übermitteln hat, soweit der Versicherungsnehmer dieser Übermittlung nicht gegenüber dem Versicherungsunternehmen widerspricht.
Bei den in § 39 Abs. 4 Nr. 4 EStG genannten Beiträgen handelt es sich um die monatlichen Beiträge für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung,
In den Fällen des § 39 Abs. 4 Nr. 4...
- ... Buchst. a EStG ist somit die Höhe der monatlichen Beiträge elektronisch zu übermitteln, wie sie Bemessungsgrundlage für den steuerfeien Arbeitgeberzuschuss nach § 3 Nr. 62 EStG sind;
- ... Buchst. b EStG sind hingegen die Beiträge zur Basiskrankenversicherung elektronisch zu übermitteln, wie sie auch beim Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG abziehbar wären, d.h. ohne einen Anteil für das Krankengeld, Leistungserweiterungen wie Chefarztbehandlung und Zweibettzimmer etc.