Rz. 143
Die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG beträgt bis zur vollen Absetzung
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer weniger als die den Prozentsätzen zugrunde liegenden Jahre, können die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Absetzungen vorgenommen werden, § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG. Der Begriff der tatsächlichen Nutzungsdauer folgt aus § 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV, wonach der Zeitraum maßgeblich ist, in dem das Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Eine kürzere Nutzungsdauer kann sich ergeben, wenn das Gebäude vor Ablauf dieser Zeiten technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist oder wenn der Steuerpflichtige das Gebäude abreißen will und entsprechende Vorbereitungen getroffen hat, die eine weitere Nutzung so gut wie ausgeschlossen sein lassen. Die Absicht, das Gebäude zu veräußern, führt nicht zu einer kürzeren Nutzungsdauer; selbst nicht im Falle einer drohenden Enteignung.
Der BFH hat entschieden, dass Steuerpflichtige, die sich nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG auf eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes berufen, sich jeder Darlegungsmethode bedienen können, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint, soweit daraus Rückschlüsse auf die maßgeblichen Determinanten (z. B. technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen) möglich sind.
Ein vom Steuerpflichtigen eingeholtes Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit einer Ermittlung des Ertragswerts des Immobilienbestands gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV, in dem unter Berücksichtigung von Um- und Ausbau- oder Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen die Auswirkung auf die Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV einzelner Gebäude einbezogen worden ist, kann der Ermittlung der AfA für ein Mietobjekt zugrunde gelegt werden.
Herstellungskosten für ein Gebäude können mit den für dieses Gebäude maßgeblichen AfA-Sätzen und nicht nach der mutmaßlich kürzeren Nutzungsdauer des Pachtverhältnisses abgesetzt werden.
Rz. 144
Ein Gebäude dient Wohnzwecken, wenn es dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft und auch die Lebens- und Haushaltsführung zu ermöglichen. Wird der Wohnraum nur vorübergehend überlassen, z. B. bei Hotels oder Ferienwohnungen, oder wird die Überlassung von Wohnräumen von den damit verbundenen Dienstleistungen überlagert, z. B. bei Alten-, Kurheimen und Sanatorien, dienen sie nicht Wohnzwecken.
Rz. 145
Der Zeitpunkt des Bauantrags richtet sich nach dem Eingang des Schreibens bei der Behörde, mit dem die landesrechtliche Genehmigung für den beabsichtigten Bau erstrebt wird. Kein Bauantrag sind sog. Bauvoranfragen oder Anträge zur Finanzierung des geplanten Bauvorhabens. Wird aufgrund nachträglicher Änderungen des Bauvorhabens ein neuer Bauantrag erforderlich, ist der Eingang dieses Antrags maßgebend.
Rz. 146
Zeitpunkt der Fertigstellung ist derjenige, in dem das Gebäude seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Das ist der Fall, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau so weit errichtet ist, dass der Bezug der Wohnung zumutbar ist oder dass das Gebäude für den Betrieb in allen seinen wesentlichen Bereichen nutzbar ist. Das ist nicht der Fall, wenn Türen, Böden und der Innenputz noch fehlen. Ausreichend ist aber, dass ein Teil des Gebäudes, der eigenständigen Zwecken dienen soll, z. B. ein Ladengeschäft, fertiggestellt ist. Dienen die anderen Gebäudeteile Wohnzwecken, sind nach Auffassung des BFH die Herstellungskosten des noch nicht fertiggestellten selbstständigen Gebäudeteils in die AfA-Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Verwaltung räumt dem Steuerpflichtigen demgegenüber ein Wahlrecht ein, ob er vorerst in die AfA-Bemessungsgrundlage des fertiggestellten Gebäudeteils die Herstellungskosten des noch nicht fertiggestellten Gebäudeteils einbezieht oder ob er hierauf verzichtet.