Leitsatz
1. Ein zur Inanspruchnahme von Absetzungen für Substanzverringerung berechtigender Anschaffungsvorgang liegt auch dann vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt und das Veräußerungsgeschäft einem Fremdvergleich standhält (Bestätigung des BFH-Urteils vom 04.02.2016 – IV R 46/12, BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607).
2. Ein entsprechender Anschaffungsvorgang ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit der Kaufpreiszahlung und zum Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten nicht beachtet werden.
Normenkette
§ 7 Abs. 6 EStG, § 11d Abs. 2 EStDV, § 2, § 6, § 7, § 14, § 35b GewStG
Sachverhalt
Gegenstand der Klägerin, einer KG, ist die Erschließung, der Abbau und die Verwertung von Kiesvorkommen. Der Kiesabbau erfolgte auf der Grundlage eines zwischen H und der K-GmbH abgeschlossenen Kiesabbau-Vertrags. Der vermögensmäßig an der KG allein beteiligte Kommanditist H veräußerte der Klägerin mit notariellem Vertrag vom 30.4.2014 ein in seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen befindliches Grundstück einschließlich des dort enthaltenen Kiesvorkommens. Der Kaufpreis war innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss des Kaufvertrags zur Zahlung fällig. Besitz, Nutzen und Lasten sollten am Tag des Eingangs des vollständigen Kaufpreises übergehen. Ein sich bei der Vermessung der Grundstücke ergebendes Mehr- oder Mindermaß sollte bei Beurkundung der Messungsanerkennung und Auflassung ausgeglichen werden. Die Klägerin teilte der K-GmbH bereits mit Schreiben vom 6.5.2014 mit, dass die Kieslieferung seit dem 1.5.2014 durch sie erfolge. Auf den Kaufpreis zahlte sie am 3.6.2014 einen ersten Teilbetrag und am 11.11.2014 den Restbetrag. Nach der Grundstücksvermessung verminderte sich die übertragene Fläche. Die Beurkundung der Messungsanerkennung und Kaufpreisminderung erfolgte am 18.9.2015. Den danach zurückzuzahlenden Betrag hatte H allerdings bereits im März und Juni 2015 an die Klägerin zurückerstattet.
In ihren Gewinnermittlungen für die Streitjahre 2014 und 2015 nahm die Klägerin für das Kiesvorkommen "außerplanmäßige Abschreibungen" vor, die das FA nicht anerkannte.
Das FG (FG München, Urteil vom 23.7.2019, 12 K 1055/19, Haufe-Index 13380470, EFG 2019, 1668) gab der Klage statt. Der Erwerb des Kiesvorkommens durch die Klägerin von ihrem Kommanditisten sei als Vertrag zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter anzuerkennen. Der Vertrag sei fremdüblich.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA statt. Zu Recht sei das FG zwar davon ausgegangen, dass ein die Berechtigung zu AfS begründender Anschaffungsvorgang vorliege, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwerbe.
Entgegen der Auffassung des FG genüge der zwischen der KG und H geschlossene Vertrag aber nicht dem Fremdvergleich. Das FG habe bei seiner Gesamtwürdigung nicht berücksichtigt, dass die Klägerin zunächst mit 100 % des Kaufpreises in Verzug gewesen sei, ohne dass H Verzugszinsen verlangt habe. Zudem habe es die abweichende Vertragsdurchführung in Bezug auf die Erstattung eines Teilkaufpreises infolge des festgestellten Flächenmindermaßes nicht berücksichtigt. Zuletzt habe es unbeachtet gelassen, dass der Vertrag auch in Bezug auf die Regelungen zum Besitzübergang nicht so, wie vereinbart, durchgeführt worden sei. Die dargelegten Vollzugsmängel beträfen die Kaufpreiszahlung und den Besitzübergang und damit sogar die Hauptpflichten der Vertragsbeteiligten und griffen in erheblicher Weise zulasten des H in die vereinbarte Risikoverteilung ein. Eine solche Vertragsdurchführung sei nicht fremdüblich.
Hinweis
1. Grund und Boden einerseits und ein darin als Bodenschatz enthaltenes Kiesvorkommen andererseits stellen steuerrechtlich zwei selbstständige und gleichwertig nebeneinander bestehende Wirtschaftsgüter dar, die auch verschiedenen Vermögenssphären angehören können. Der Bodenschatz erlangt steuerrechtlich die Eigenschaft als selbstständiges Wirtschaftsgut, wenn mit seiner Aufschließung (z.B. durch Stellen eines Antrags auf Genehmigung) oder seiner Verwertung (z.B. durch Veräußerung) begonnen wird.
2. Ein Kiesvorkommen als Wirtschaftsgut unterliegt Absetzungen nach Maßgabe des Substanzverzehrs (AfS).
3. Die Inanspruchnahme von AfS setzt allerdings Anschaffungs- oder Herstellungskosten voraus. AfS scheiden daher aus, wenn weder der Steuerpflichtige noch ein anderer Anschaffungskosten getragen hat.
a) Dementsprechend ist ein im Privatvermögen entdecktes Kiesvorkommen bei Einlage in ein Betriebsvermögen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG zwar mit dem Teilwert anzusetzen; beim Abbau des Kiesvorkommens dürfen AfS jedoch nicht vorgenommen werden.
b) Demgegenüber liegt ein die Berechtigung zu AfS begründender Anschaffungsvorgang vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt. Voraussetzung ist, dass sich der Vorgang seinem wirtschaftlichen Gehalt nach wie eine ...