Leitsatz
1. § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung.
2. Zum einen muss es einen vorgefassten Plan geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten so auf die Bebauung eines Grundstücks festgelegt hat, dass sie sich im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen davon lösen könnte.
3. Zum anderen müssen die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.
Normenkette
§ 8 Abs. 2 Satz 2, § 1 Abs. 2a GrEStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Die Komplementärin war nicht am Gesellschaftskapital beteiligt. Kommanditisten waren vier natürliche Personen.
Die Komplementärin hatte am 11./19.2.2004 mit der X GmbH einen Mietvertrag über einen noch zu errichtenden Lebensmittelmarkt in K geschlossen. Im September 2004 erwarb die Klägerin ein Grundstück von der Stadt K. Sie verpflichtete sich dieser gegenüber, bis zum 31.10.2004 einen Bauantrag zu stellen und auf dem erworbenen Grundstück bis spätestens 30.9.2007 einen Lebensmittelmarkt zu errichten. Geschah dies nicht, konnte die Stadt K die Rückübertragung des Grundstücks gegen zinslose Erstattung des Kaufpreises verlangen. Dem stand der Verkauf des Grundstücks an Dritte ohne Weitergabe der Bauverpflichtung gleich.
Die zuständige Behörde in K erteilte der Klägerin am 24.11.2004 für den Neubau des Marktes eine Baugenehmigung unter Auflagen. Am 14.2.2005 trat die Klägerin an Stelle der Komplementärin als Vermieterin in den Vertrag mit der X GmbH ein.
Mit notarieller Urkunde vom 13.5.2005 veräußerten die Komplementärin ihre Komplementärbeteiligung an der Klägerin an die M GmbH, die vier Kommanditisten ihre Kommanditbeteiligungen an die M KG. Weder an der M GmbH noch an der M KG waren die bisherigen Gesellschafter beteiligt. Der Vertrag nahm auf die bestandskräftige Baugenehmigung vom 24.11.2004 sowie den Mietvertrag mit der X GmbH vom 11./19.2.2004 nebst Nachträgen Bezug. Nach der Anteilsveräußerung wurden die Bauverträge geschlossen.
Die Klägerin erwarb noch im Jahre 2005 von der Stadt K ein weiteres, benachbartes Grundstück für Stellplätze und schloss mit der X GmbH am 17./23.6.2006 einen neuen Mietvertrag. Das Objekt wurde 2006 fertiggestellt.
Das FA nahm die Klägerin auf Grundlage von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 (GrEStG a.F.) auf Grunderwerbsteuer in Anspruch. Es setzte als Bemessungsgrundlage nicht den Wert des unbebauten Grundstücks, sondern nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 GrEStG a.F. den Grundbesitzwert zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes an. Die Klage blieb erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.9.2017, 4 K 1834/16, Haufe-Index 11569405, EFG 2018, 664).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Der Grunderwerbsteuer sei der Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes zugrunde zu legen.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einer Änderung des Gesellschafterbestands der Wert des Grundstücks gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG a.F. nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes zu bemessen ist.
1. Nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG a.F. gilt es als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft, wenn zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Die Vorschrift fingiert ein auf Übereignung des Grundstücks auf eine "neue" Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Zivilrechtlich ändert sich an der Rechtsträgerschaft nichts.
2. Der als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer dienende Grundbesitzwert wird verfahrensrechtlich gesondert festgestellt.
a) Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG a.F. wird die Steuer u.a. in den Fällen des § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG a.F. nach den Grundbesitzwerten i.S.d. § 138 Abs. 2 oder 3 BewG a.F. bemessen. Die Grundbesitzwerte sind gemäß § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG a.F. gesondert festzustellen.
b) Über die Frage, welcher Zeitpunkt für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage maßgebend ist, wird mit bindender Wirkung nicht im Feststellungsverfahren, sondern im Verfahren betreffend die Festsetzung der Grunderwerbsteuer entschieden.
Eine Frage des zutreffenden Zeitpunkts ist es auch, ob der Zustand des Grundstücks im Zeitpunkt des Besteuerungsstichtags oder im Falle von Bauprojekten im späteren Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend ist. Das bedeutet, dass das Festsetzungsfinanzamt über die Einbeziehung der Bebauung in die Bemessungsgrundlage befindet, während das Feststellungsfinanzamt die Feststellung nach den entsprechenden Vorgaben des Festsetzungsfi...