Steuergeheimnis: Eine inhaltliche Beschränkung erfährt die Akteneinsicht in Steuerstrafverfahren allerdings durch die häufige Praxis der Ermittlungsbehörden, Aktenteile zu schwärzen. Dabei reicht der Umfang der Schwärzung vom Namen des Anzeigeerstatters bis hin zu etlichen Seiten von Vernehmungen oder anwaltlichen Schriftsätzen. Die Verfasser dieses Beitrags erlebten in einem mit großem Medieninteresse verfolgten Steuerstrafverfahren die Übersendung von Akten, die in großen Teilen nur schwarze Balken enthielten. Erst durch die Ankündigung von strafprozessualen Maßnahmen durch den Vorsitzenden der Strafkammer konnte die Behörde zur Übersendung der überwiegend ungeschwärzten Aktenteile bewegt werden. Begründet wurde die Weigerung – wie regelmäßig – mit der Regelung des § 30 AO, der alle Amtsträger zur Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 7 AO) verpflichtet. Die Wahrung des durch die Vorschrift geschützten Steuergeheimnisses wird durch die Sanktionsnorm des § 355 StGB strafrechtlich abgesichert.
Geheimschutzinteressen Dritter: Wenn außer den Steuerdaten des Beschuldigten auch solche von Dritten betroffen sind, bestehen Ausnahmen nach § 30 Abs. 4 AO, z.B. wenn der betroffene Dritte auf seinen Schutz durch das Steuergeheimnis verzichtet oder die Offenbarung der Akte der Durchführung des Steuerstrafverfahrens dient. Dies wird insb. relevant bei Steuerdaten eines Mitbeschuldigten, die für eine umfassende Verteidigung von Bedeutung sind. Das unbeschränkte Akteneinsichtsrecht des Verteidigers, das sich bei einem einheitlichen Verfahren auf den gesamten Akteninhalt bezieht, unabhängig davon, ob dieser jeweils den eigenen Beschuldigten oder nur Mitbeschuldigte betrifft, kollidiert hier mit den Geheimschutzinteressen eines Mitbeschuldigten, die von § 30 AO geschützt sind. Diese Kollisionslage darf zutreffenderweise nach einer weit verbreiteten Meinung nicht durch die Beschneidung des Akteneinsichtsrechts des Verteidigers aufgelöst werden. Dem Steuergeheimnis ist vielmehr nur ausnahmsweise nach Abwägung der Interessen der Vorrang gegenüber dem Akteneinsichtsrecht des Beschuldigten einzuräumen. Auch erfolgt die Herausgabe der ungeschwärzten Akten aufgrund von § 30 Abs. 4 AO befugt, weshalb die Ermittlungsbehörden keine Strafbarkeit nach § 355 StGB zu befürchten haben.
Beraterhinweis Soweit die Akten dennoch nicht eingesehen werden können, dürfen sie auch nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden.