Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Der als Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassende geldwerte Vorteil aus der Ausübung einer Aktienoption ist in dem Zeitpunkt realisiert, in dem der Arbeitnehmer durch die Ausübung der Option die Verfügungsmacht an den unentgeltlich oder verbilligt erworbenen Aktien erhält.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um die Frage, ob die verbilligte Überlassung von sog. "restricted shares", d. h. von Aktien, die hinsichtlich ihrer Handelbarkeit und Beleihbarkeit Verfügungsbeschränkungen unterliegen, zum sofortigen Zufluss eines geldwerten Vorteils beim Arbeitnehmer führt und wie dieser Vorteil zu bewerten ist.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass der geldwerte Vorteil aus der verbilligten Überlassung von Aktien durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt zufließt, in dem dieser die Aktien nach Ausübung der Option preisgünstig erwirbt. Das gelte auch dann, wenn die Aktien gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen (sog. "restricted shares", hier: keine Beleihung und Handelbarkeit der Aktien, aber Vermittlung von Stimmrechten und Dividendenbezugsrecht) unterliegen. Ob diese Beschränkungen einen Bewertungsabschlag rechtfertigen, sei im Einzelfall zu entscheiden.
Der Sachbezug ermittelt sich mit dem Kurs im Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers. Dass die Aktien innerhalb der Sperrfrist nicht veräußert bzw. beliehen werden dürfen, führt nicht dazu, dass vom Kurswert ein entsprechender Abschlag vorzunehmen ist. Das gilt vor allem, wenn - wie hier - die Verfügungsbeschränkungen den Börsenwert beeinflusst haben.
Hinweis
Das FG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH entschieden, dass eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eingeräumte Aktienkaufoption nicht bereits den Zufluss eines geldwerten Vorteils bewirkt, sondern erst der vergünstigte Erwerb der Aktien selbst. Dem Lohnzufluss stehen weder gesetzliche noch obligatorische Verfügungsbeschränkungen - im Streitfall ein 2-jähriges Veräußerungs- und Beleihungsverbot - entgegen. Dies erscheint unmittelbar einsichtig, da der Arbeitnehmer als Inhaber der Aktien ungeachtet der Verfügungsbeschränkungen ein Stimmrecht und einen Dividendenanspruch hat.
Maßgeblich für die Bewertung des geldwerten Vorteils ist der Wert der Aktie bei Einbuchung in das Depot des Arbeitnehmers. Ob bestehende Verfügungsbeschränkungen einen Bewertungsabschlag rechtfertigen, ist von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig. Im Streitfall führte das Veräußerungs- und Beleihungsverbot nicht zu einem Bewertungsabschlag, da diese Verfügungsbeschränkungen bereits im Börsenwert ihren Niederschlag gefunden hatten.
Die vorliegende Entscheidung bringt für den Steuerpraktiker ungeachtet der anhängigen Revision ein Mehr an Rechtssicherheit. Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden sich darauf einstellen müssen, dass die verbilligte Überlassung von Aktien stets zum Zufluss von Arbeitslohn führt und ein Gestaltungsspielraum durch die Vereinbarung von Verfügungsbeschränkungen nicht besteht.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. des BFH VI R 37/09).
Link zur Entscheidung
Thüringer FG, Urteil vom 14.01.2009, III 922/03