Leitsatz
Ein abgelaufenes Jahr betreffende Zinsansprüche aus Genussrechten sind auch dann in der Bilanz des Gläubigers zu aktivieren, wenn nach den Genussrechtsbedingungen der Schuldner die Ansprüche nicht bedienen muss, solange hierdurch bei ihm ein Bilanzverlust entstehen oder sich erhöhen würde.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten über den Zeitpunkt der Aktivierung von Zinsansprüchen aus Genussrechten.
Die Klägerin, eine Sparkasse, war mittelbar an der B-Bank beteiligt. Außerdem war sie Inhaberin von Genussscheinen der B-Bank, die nach den Genussscheinbedingungen mit einem bestimmten Prozentsatz ihres Nennbetrags verzinst werden. In den Genussscheinbedingungen hieß es ferner:
„Die Vergütung auf die Genussscheine wird jeweils nachträglich am ersten Bankarbeitstag nach der Verwaltungsratssitzung fällig, in der der Jahresabschluss des laufenden Geschäftsjahrs festgestellt wird ...
Die Vergütung entfällt, wenn und soweit durch sie ein Bilanzverlust entstehen oder erhöht würde. ... In jedem Folgejahr ist vorrangig vor der Dotierung von Rücklagen zunächst das um die Absetzung verringerte Genussrechtskapital wieder bis zum Nennwert aufzufüllen und dann eine ... ausgefallene Vergütung nachzuholen, wenn und soweit dadurch kein neuer Bilanzverlust entsteht.
Die Genussscheine verbriefen keine Beteiligungsrechte, insbesondere ... keinen Anspruch auf Beteiligung am Liquidationserlös der Bank im Fall ihrer Auflösung.”
Für das Streitjahr (1994) erhielt die Klägerin Ausschüttungen aus Genussrechten. Sie aktivierte die entsprechenden Ausschüttungsansprüche zum 31.12.1994 nicht, da sie annahm, dass solche Ansprüche erst im Jahr 1995 entstanden seien.
Das FA war anderer Meinung.
Entscheidung
Es wurde vom FG (EFG 2002, 604) ebenso bestätigt wie vom BFH. Einzelheiten ergeben sich aus den Leitsätzen und den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
Es handelt sich um eine Entscheidung, die einerseits die Eckdaten festlegt, nach denen (Zins-) Forderungen zu aktivieren sind, und die andererseits die Grenzen des Verbots der phasengleichen Bilanzierung aufzeigt.
1. Nach den handelsrechtlichen GoB sind (Zins-) Forderungen, die zurückliegende Zeiträume betreffen und die am Bilanzstichtag zivilrechtlich entstanden sind, bilanziell aktivisch auszuweisen. Die Grundsätze des Verbots der Bilanzierung von Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften widersprechen dem nicht, weil die Zinsen für Zeiten vor dem Bilanzstichtag geschuldet werden. Und auf die Forderungsfälligkeit kommt es ohnehin nicht an.
2. Rühren die Zinsen aus Genussrechten her und müssen sie nur bedient werden, sollte kein Bilanzverlust entstehen, dann schlägt sich dies auf die Aktivierungspflicht nicht nieder. Entweder lässt eine solche Bedingung das Entstehen der Forderung unberührt; ein bloßes Hinausschieben der Fälligkeit bleibt dann unbeachtlich. Oder aber die Zinsforderung ist in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht worden; dann ist sie hinreichend sicher und muss ebenfalls ausgewiesen werden. Anzumerken ist: Ist nicht nur die Fälligkeit, sondern das Entstehen "aufschiebend bedingt", liegen die Dinge natürlich anders; die Aktivierungsvoraussetzungen können dann durchaus entfallen (vgl. BFH, Urteil vom 26.4.1995, I R 92/94, BStBl II 1995, 594, 597).
3. Mit dem Verbot der phasengleichen Bilanzierung hat das Ganze nichts zu tun. Dieses Verbot bezieht sich auf Dividenden, die erst durch den Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafter entstehen. So liegen die Dinge bei Zinsforderungen aus Genussrechten nicht.
4. Die Aktivierungspflicht lässt sich nicht durch erhöhte Anschaffungskosten des Forderungsschuldners für noch zu erwerbende Genussscheine und hierbei anfallende Zwischenzinsen vermeiden. Es gilt der Grundsatz der Einzelbewertung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.12.2002, I R 11/02