Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG unterliegen die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und mittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes i.S.d. § 14 AO ausgeführt werden, werden nach Satz 2 der Norm vom ermäßigten Steuersatz ausgeschlossen. Im Rahmen eines Zweckbetriebes ausgeführte Leistungen begünstigter Körperschaften unterliegen nach der derzeitigen Fassung des Satzes 3 wiederum dem ermäßigten Steuersatz, wenn
- der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (Alternative 1)
- oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht (Alternative 2).
Bei Zweckbetrieben legen die Finanzverwaltung und der BFH § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG unterschiedlich aus. Die Finanzverwaltung verlangt für Zweckbetriebe i.S.d. § 65 AO keine eigene umsatzsteuerliche Wettbewerbsprüfung entsprechend der oben genannten Alternative 1, da bereits nach dem Gemeinnützigkeitsrecht über § 65 Nr. 3 AO eine solche Prüfung vorgenommen werde. Sie hat Teile der Literatur hinter sich. Der BFH widersprach mit Urteil vom 5.4.2023 abermals dieser Auffassung und ist insoweit strenger. Die Finanzverwaltung wendet diese strengere Rechtsprechung nicht an. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG soll durch das Wachstumschancengesetz dahingehend geändert werden, dass darin nur noch auf Zweckbetriebe i.S.d. §§ 66 bis 68 AO Bezug genommen wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers und entsprechend der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung würde damit für Zweckbetriebe i.S.d. § 65 AO die strengere, umsatzsteuerliche Wettbewerbsprüfung für Zwecke des ermäßigten Steuersatzes entfallen. Der Bundesrat wies hierzu in seiner Stellungnahme daraufhin, dass die geplante Änderung womöglich Gestaltungspotential eröffne. Über Kooperationen i.S.d. § 57 Abs. 3 AO könnten wettbewerbsrelevante Tätigkeiten ohne eine eigenständige umsatzsteuerliche Wettbewerbsprüfung dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Die Bundesregierung lehnt den Streichungsvorschlag des Bundesrates unter Verweis auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung zwischen Gemeinnützigkeits- und Umsatzsteuerrecht ab.
Daneben ist auch die zweite Alternative des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG umstritten. Es geht dabei um die Frage, wann ein Zweckbetrieb mit seinen erbrachten Leistungen seine satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht. Der BFH sieht dies beispielsweise bei Integrations- oder Inklusionsbetrieben in Form eines Gastronomiebetriebes samt öffentlicher Toilette nicht als erfüllt an, da deren Leistungen in erster Linie den Kunden und nicht den bedürftigen Beschäftigten diene. Mit dem Wachstumschancengesetz soll § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG um einen weiteren Satz 4 ergänzt werden. Die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke sollen demnach auch dann selbst verwirklicht werden, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden. Der neue Satz 4 geht auf eine Präzisierung der MwStSystRL im Zuge der Reform der Steuersätze durch die Richtlinie (EU) 2022/542 des Rates vom 5.4.2022 zurück. Die allgemeine Tätigkeit und die Ziele der begünstigten Einrichtung als Ganzes sollen danach unabhängig vom letztendlichen Begünstigten der Leistung berücksichtigt werden. Ob mit der Ergänzung auch das Vorhaben der "Ampel"-Regierung, Inklusionsunternehmen durch formale Privilegierung im Umsatzsteuergesetz zu stärken, umgesetzt wurde, bleibt abzuwarten.
Die Gesetzesbegründung geht bei beiden Änderungen wohl von einer Klarstellung aus. Einer Anwendung vor Inkrafttreten dürfte allerdings der jüngsten Rechtsprechung des V. Senat unter Verweis auf § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG entgegenstehen.