Die Aufgabe eines Verfahrensbeistandes besteht darin, das Interesse des Betroffenen festzustellen und im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu Geltung zu bringen.[46] Bereits mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde § 4 Nr. 25 Satz 3 UStG um den Buchstaben d erweitert. Hiernach erbringen Verfahrensbeistände in Kindschaftssachen (§ 158 FamFG), Abstammungssachen (§ 174 FamFG) und Adoptionssachen (§ 191 FamFG) unter den Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL[47] von der Umsatzsteuer befreite Leistungen.[48] Die Ergänzung der Steuerbefreiung war erforderlich geworden, nachdem der BFH mit Urteil vom 17.7.2019 die Leistungen eines Verfahrensbeistandes in Kindschaftssachen unter unmittelbarer Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL als steuerbefreit angesehen hat.[49] Die Leistungen seien aufgrund der Schutzbedürftigkeit der Kinder eng mit der sozialen Sicherheit und der Sozialfürsorge verbunden.[50] Die persönliche Anerkennung des Verfahrensbeistandes als Einrichtung mit sozialem Charakter folge aus der gesetzlichen Vorschrift des § 158 FamFG, dem mit der Tätigkeit verbundenen Gemeinwohlinteresse sowie dem Neutralitätsprinzip.[51] Die Finanzverwaltung setzt das BFH-Urteil mit BMF-Schr. v. 28.4.2023 um, fasst Abschn. 4.25.2 Abs. 9 UStAE neu und trifft eine Nichtbeanstandungsregelung für Umsätze, die vor dem 1.1.2021 ausgeführt wurden.[52]
Mit dem Wachstumschancengesetz sollen nunmehr auch Verfahrensbeistände in Unterbringungssachen und bei freiheitsentziehenden Maßnahmen i.S.d. § 167 FamFG als begünstigte Einrichtungen i.S.d. § 4 Nr. 25 UStG anerkannt werden. § 167 FamFG war im Rahmen des Jahressteuergesetz 2020 wohl nur "übersehen" worden,[53] so dass unter unmittelbarer Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bereits für zurückliegende Besteuerungszeiträume eine Steuerbefreiung in Betracht kommt.
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