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StB Tim Flad[*]

Mit der Zustimmung des Bundesrates zum Wachstumschancengesetz vom 22.3.2024 ist u.a. die Einführung der obligatorischen E-Rechnung beschlossene Sache. Anknüpfend an den Beitrag aus der Januar-Ausgabe, UStB 2024, S. 22, werden die finalen Änderungen des UStG durch das Wachstumschancengesetz und die im Vermittlungsverfahren vorgenommenen Anpassungen kurz vorgestellt. Außerdem folgt ein Ausblick auf weitere aktuelle Gesetzgebungsvorhaben mit Bezug zum Umsatzsteuerrecht.

[*] Tim Flad, M.A., ist Steuerberater sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Prüfungswesen von Herrn Prof. Dr. Holger Kahle an der Universität Hohenheim.

I. Abgespecktes Wachstumschancengesetz im Ziel

Mit der Zustimmung des Bundesrates vom 22.3.2024 und der Verkündung im Bundesgesetzblatt vom 27.3.2024 hat das Wachstumschancengesetz die letzten Hürden genommen.[1] Die ursprünglich für das Reformvorhaben veranschlagten Steuermindereinnahmen beliefen sich im Regierungsentwurf noch auf rund 7 Mrd. EUR.[2] Die im Vermittlungsverfahren beschlossenen Kürzungen sollen das Entlastungsvolumen auf ca. 3 Mrd. EUR reduziert haben.[3] Dies dürfte insbesondere auf die im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf deutlich zusammengestutzten Verbesserungen bei der Verlustverrechnung und den Abschreibungsmöglichkeiten im Ertragsteuerrecht zurückzuführen sein. Auch auf die geplante Klimaschutz-Investitionsprämie wurde verzichtet.[4]

[1] Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) vom 27.3.2024, BGBl. I Nr. 108.
[2] BR-Drucks. 433/23, 3.
[3] Vgl. Handelsblatt Nr. 26 v. 6.2.2024, 5.
[4] Zu den im Vermittlungsverfahren beschlossenen Änderungen vgl. BT-Drucks. 20/10410 und BR-Drucks. 87/24.

II. Umsatzsteuerrechtliche Änderungen im finalen Wachstumschancengesetz

Das UStG wird nunmehr durch Art. 20 bis 23 des Wachstumschancengesetzes geändert. Neben einzelnen Streichungen wurde insbesondere der Zeitpunkt des Inkrafttretens auf Grund der Verzögerung durch das Vermittlungsverfahren nach hinten geschoben. Im Folgenden werden die finalen Ergebnisse kurz vorgestellt.

1. Betriebsveranstaltungen

Die im Lohnsteuerrecht vorgesehene Anhebung des Freibetrags für Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG von bisher 110 EUR auf 150 EUR wurde nicht umgesetzt. Eine etwaige Übertragung der Anhebung auf das Umsatzsteuerrecht hinsichtlich der in § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG benannten Aufmerksamkeiten hat sich demnach erübrigt. Der BFH hat mit Urteil vom 10.5.2023 insoweit einen Gleichlauf zwischen Lohn- und Umsatzsteuerrecht geschaffen, als dass der lohnsteuerrechtliche Freibetrag von 110 EUR "im Hinblick auf den Gesichtspunkt der einheitlichen Rechtsanwendung" umsatzsteuerrechtlich in Form einer Freigrenze herangezogen werden kann, um die Aufmerksamkeiten des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG bei einer Betriebsveranstaltung betragsmäßig zu bestimmen.[5] Erbringt demnach ein Unternehmer anlässlich einer Betriebsveranstaltung eine unentgeltliche Leistung ausschließlich für den privaten Bedarf seines Personals, ist diese Zuwendung nicht als unentgeltliche Wertabgabe steuerbar, sofern sie den Betrag von 110 EUR je Arbeitnehmer nicht übersteigt.[6] Liegt eine solche Aufmerksamkeit vor, richtet sich der Vorsteuerabzug des Unternehmers aus den Eingangsleistungen anlässlich der Betriebsveranstaltung nach dessen wirtschaftlicher Gesamttätigkeit. Wird die Freigrenze überschritten, ist aufgrund des dann bestehenden Zusammenhangs mit einer unentgeltlichen Wertabgabe kein Vorsteuerabzug möglich. In diesem Fall unterbleibt die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe.[7]

[6] Ob die Freigrenze von 110 EUR entsprechend § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 EStG auch umsatzsteuerrechtlich für 2 Betriebsveranstaltungen im Jahr angewandt werden kann, musste der BFH nicht entscheiden, vgl. Wäger in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Aktuell – Berichtszeitraum III. Quartal 2023, Rz. 55. Die Finanzverwaltung folgt in Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 Satz 3 UStAE insoweit dem Lohnsteuerrecht, wohingegen der Klammerzusatz im 2. Leitsatz des BFH-Urteils vom 10.5.2023 "(Freigrenze von 110 EUR je Arbeitnehmer und Kalenderjahr)" für die gegenteilige Auffassung spricht.
[7] Abschn. 15.15 Abs. 2 Beispiel 3 b) Satz 4 UStAE; Wäger, DStR 2011, 433 (436).

2. Steuerbefreiungen

§ 4 Nr. 16 UStG wird um einen neuen Buchstaben m ergänzt und erkennt nunmehr Einrichtungen, die als Verfahrenspfleger nach den §§ 276, 297, 298, 317 und 419 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) bestellt worden sind, als begünstigte Einrichtungen i.S.d. § 4 Nr. 16 UStG an. Damit wird das BFH, Urt. v. 25.11.2021 umgesetzt.[8] Voraussetzung ist, dass die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die ve...

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