Grundsätzlich trägt die Finanzverwaltung die Darlegungs- und Beweislast

  • sowohl für die außerbilanzielle Hinzurechnung zum Gewinn der Gesellschaft
  • als auch für den Zufluss auf der Ebene des Gesellschafters.

Das ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen, da es sich um steuererhöhende Tatsachen handelt.

BFH = Kapitalgesellschaft hat keine Privatsphäre: Nach ständiger BFH-Rechtsprechung hat die Kapitalgesellschaft keine Privatsphäre. Dies bedeutet, dass

  • auf der ersten Stufe sämtliche Vermögensminderungen betrieblich veranlasst sein müssen.[8]
  • Einziges Korrektiv sind die Grundsätze der vGA.

Sind die Aufwendungen nicht betrieblich, sondern gesellschaftsrechtlich veranlasst, werden sie außerbilanziell hinzugerechnet.

Beraterhinweis Entscheidender Unterschied in der Praxis ist aber die dargelegte Darlegungs- und Beweislast-Verteilung. Insbesondere die finanzgerichtliche Rechtsprechung weicht diesem Grundsatz in der Praxis in unzulässiger Weise immer weiter auf.[9]

[8] Vgl. BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = GmbH-StB 2007, 333 (Görden); ausführlich Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 61.
[9] Vgl. FG Münster v. 18.3.2021 – 10 K 1556/16 K, G, EFG 2021, 1307.

a) Der Sachverhalt

 

Beispiel

(vgl. FG Münster v. 18.3.2021 – 10 K 1556/16 K, G, EFG 2021, 1307): Die A-GmbH macht Aufwendungen aus Rechnungen für Bauleistungen, die angeblich von einer Strohmanngesellschaft gestellt wurden, als BA geltend.

Das FA akzeptiert den BA-Abzug nicht. § 160 AO wird ins Feld geführt, ohne dessen Voraussetzungen wirklich zu prüfen. Ferner wird unterstellt, dass es sich um vGA handele.

Die "Strohfrau" C wird wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug strafrechtlich verurteilt. Die Scheinfirma ermögliche anderen Dritten eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung, ferner habe die Scheinfirma auch Abdeckrechnungen erstellt.

b) Die Entscheidung des FG Münster

In der steuerrechtlichen Auseinandersetzung auf der Ebene der A-GmbH macht sich das FG Münster die Feststellungen des Strafgerichts zu eigen. Es sei unerheblich, dass sich die A-GmbH Nachweise über die Gewerbeanmeldung, Haftpflichtversicherung, Handwerkskarte, Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkasse und der Berufsgenossenschaft habe vorlegen lassen. Es bestünden die folgenden Möglichkeiten:

  • Zum einem sei es möglich, dass die ausgewiesenen Bauleistungen tatsächlich erbracht wurden.
  • Des Weiteren sei es möglich, dass die Rechnungen Abdeckrechnungen seien und die abgeflossene Liquidität entweder an die A-GmbH zurückgeflossen sei, um Schwarzlöhne zahlen zu können oder der Liquiditätsrückfluss "gesellschaftsrechtlich" durch die Gesellschafter verwendet wurde.

c) Stellungnahme

Es ist nicht akzeptabel, dass das FG Münster im Beispielsfall zu dem Ergebnis der Annahme einer vGA kommt, ohne dass nachgewiesen ist, dass die Bauleistungen nicht erbracht wurden und die als Aufwand geltend gemachten Zahlungen von den Gesellschaftern vereinnahmt wurden. Das FG nimmt einen Verstoß gegen die "Mitwirkungspflicht der Gesellschaft" an. Die A-GmbH habe keine Listen der eingesetzten Arbeitskräfte oder Zwischen- und Endabnahmeprotokolle unter Ausweis der hierbei tatsächlich handelnden Personen vorlegen können. Der Hinweis, man habe nur Kontakt zu einem Vorarbeiter gehabt, sei nicht ausreichend, um von einer genügenden Mitwirkung auszugehen.

Für die Praxis ist ausgesprochen misslich, dass "bad cases" zu "bad law" führen. Insbesondere in strafrechtlich relevanten Sachverhalten neigen die FG dazu, die Grundsätze

  • der Darlegungs- und Beweislast
  • sowie etwaiger Mitwirkungspflichten der Gesellschaft

ergebnisorientiert anzuwenden. Das FG benennt selbst zwei Alternativen, die vorliegen können und zum BA-Abzug berechtigen würden. Dies ist der Fall

  • sowohl bei Erbringung der Bauleistungen,
  • als auch bei Abdeckrechnungen, die zu Begleichung von Schwarzlohnzahlungen dienten.

Beachten Sie: Den Vorwurf, "das Gericht sei nicht in die Lage versetzt worden, dem möglichen tatsächlichen Sachverhalt weiter nachzugehen", muss sich bei der gegebenen Darlegungs- und Beweislastsituation das FA machen lassen – und nicht die A-GmbH.

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