Wirkung der Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung: Die Bestellung eines zunächst wirksam bestellten GF verliert u.a. ihre Wirkung, sobald dieser gem. § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 Buchst. a GmbHG wegen Insolvenzverschleppung (hier: in Gestalt der nicht rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags) verurteilt worden ist. Das Amt des GF endet kraft Gesetzes von selbst mit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung. Dies gilt unbeschadet dessen, dass grundsätzlich beim Wegfall des GF-Amtes ggf. zivilrechtlich ein Gutglaubensschutz nach § 15 HGB oder allgemeine Rechtsscheingrundsätze eingreifen können.

Nicht ausgeübtes Auswahlermessen: Die i.R.d. Haftungsbegründung vom FA anzustellende Ermessensentscheidung ist fehlerhaft, wenn die Behörde das objektiv bestehende Auswahlermessen nicht erkannt hat bzw. nicht um die Notwendigkeit einer Auswahlentscheidung wusste, sondern davon ausgegangen ist, dass der Betroffene alleiniger Haftungsschuldner ist (hier: nachträgliche Erkenntnis des Wegfalls der Stellung des Betroffenen als gesetzlicher Vertreter infolge rechtskräftiger Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung).

Die (Auswahl-)Ermessensentscheidung muss sich auf den jeweiligen Einzelfall beziehen und kann nicht etwa durch den Hinweis auf weitere potentielle Haftungsschuldner vorweggenommen werden. Eine Auswahlentscheidung kann auch weder im Wege der Ergänzung vollständig nachgeholt noch pauschal dergestalt begründet werden, dass der Betroffene jedenfalls auch dann in Anspruch genommen werden würde, wenn andere Haftungsschuldner existieren würden.

FG Münster v. 19.12.2022 – 4 K 1158/20 L, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VII R 4/23

Beraterhinweis In der Revision hat der BFH folgende Rechtsfragen zu entscheiden:

  • Kann ein rechtmäßig bestellter formeller GF nach Wegfall seiner Eignung i.S.d. § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG weiterhin als Person gem. § 34 AO angesehen werden?
  • Inwieweit tritt ein GF bereits durch seine Eintragung im Handelsregister entsprechend § 35 AO nach außen hin auf?
  • Auf welchen Zeitpunkt kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Ermessensentscheidungen an, wenn die Behörde – trotz vom FG festgestellter ausreichender Sachverhaltsermittlung – keine Kenntnis vom tatsächlichen Sachverhalt hatte und haben konnte?

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