Sachverhalt: E hatte den Geschäftsbetrieb seines Einzelunternehmens – unter Zurückbehalt der Betriebsgrundstücke – auf eine GmbH übertragen, an der er nur geringfügig und im Übrigen mehrheitlich seine Neffen beteiligt sind. Er verpachtete anschließend die Betriebsstücke im Rahmen einer gewerblichen Verpachtung an die GmbH. Nunmehr überträgt er die Betriebsgrundstücke auf seine Neffen.
Streitig ist, ob
- die Voraussetzungen für eine abweichende Feststellung des Werts des BV gem. § 181 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 163 AO aus Billigkeitsgründen vorliegen und
- in diesem Rahmen das Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nrn. 1-5 ErbStG i.d.F. d. StVerG v. 1.11.2011 (BGBl. I 2011, 2131 – ErbStG a.F.) niedriger festgesetzt werden kann.
Bisherige rechtliche Würdigung: Die Betriebsgrundstückstücke gehören beim Verpachtungsbetrieb zum Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. Die GmbH ist als selbständige juristische Person – ungeachtet der Beteiligungsverhältnisse – "Dritte" i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 ErbStG a.F. Die Ausnahmeregelungen in § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. a-e ErbStG a.F. sind nicht einschlägig.
Der BFH hatte mit Urteil v. 2.12.2020 (BFH v. v. 2.12.2020 – II R 22/18, GmbHR 2021, 833 = GmbH-StB 2021, 269 [Schwetlik]) entschieden, dass eine teleologische Reduktion oder Erweiterung der Tatbestandsmerkmale der §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. ErbStRG nicht ausschließlich darauf gestützt werden kann, dass die Vorschriften aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG ansonsten verfassungswidrig wären. Die Wirkung der im Urteil des BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, GmbHR 2015, 88 = GmbH-StB 2015, 26 (Schwetlik) angeordneten Weitergeltung darf nicht unterlaufen werden. Es besteht auch kein Anspruch darauf, dass die Betriebsgrundstücke nunmehr nach § 163 Abs. 1 AO im Billigkeitswege nicht als Verwaltungsvermögen eingestuft werden. Soweit die Kläger eine zu eng gefasste Ausgestaltung der Rückausnahmen in § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 ErbStG a.F. innerhalb ihres zulässigen Inhalts rügen, steht einer Billigkeitsmaßnahme mit dem Ziel einer teleologischen Erweiterung dieser Rückausnahmen das rechtskräftige Urteil des BFH v. 2.12.2020 – II R 22/18, BStBl. II 2022, 66 = GmbH-StB 2021, 269 (Schwetlik) inhaltlich entgegen.
Eine Billigkeitsmaßnahme, die sich über die Rechtskraft eines Urteils hinwegsetzt, ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, kann jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Bei Einwänden, die die materiell-rechtliche Richtigkeit der Steuerfestsetzung betreffen, ist ein Erlass aus Billigkeitsgründen nur möglich, wenn die Steuerfestsetzung bzw. das diese bestätigende Urteil offensichtlich und eindeutig falsch ist. Eine solche Ausnahme, die im Widerspruch zur Rechtskraft eines Urteils einen Erlass aus Billigkeitsgründen zulassen würde, liegt im Fall des rechtskräftigen Urteils des BFH v. 2.12.2020 – II R 22/18, BStBl. II 2022, 66 = GmbH-StB 2021, 269 (Schwetlik) nicht vor.
FG Baden-Württemberg v. 13.12.2023 – 2 K 1162/20, NZB eingelegt, Az. des BFH: II B 33/24