Zum einen hat sich das FG der Rspr. des XI. Senats des BFH (BFH v. 28.4.2023 – XI B 101/22, AO-StB 2023, 165 (Weigel) und BFH v. 11.8.2023 – VI B 74/22) angeschlossen, wonach Steuerberatern seit dem 1.1.2023 mit dem beSt ein sicherer Übertragungsweg i.S.d. § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht und ab diesem Zeitpunkt eine aktive Nutzungspflicht des beSt besteht. Davon abweichenden Ansichten, die entweder auf den Abschluss des gesamten Rollouts (FG Nds. v. 14.4.2023 – 9 K 10/23, EFG 2023, 933 = AO-StB 2023, 203 (Weigel)) oder auf den Erhalt des erforderlichen Registrierungsbriefs (FG Münster v. 9.5.2023 – 15 K 2460/21 E) abstellen, hat das Gericht eine Absage erteilt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass das Tatbestandsmerkmal "zur Verfügung steht" allein durch die gesetzlichen Regelungen konkretisiert werde und insoweit insb. auf §§ 86 Abs. 2 Nr. 11, § 86d Abs. 1 S. 1 und § 157e StBerG und die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 19/30516, 66 zu § 86d Abs. 6 StBerG) verwiesen.
Zum anderen hat das Gericht aber auch ausgeführt, dass eine verfassungskonforme Auslegung des § 52d S. 2 FGO dahingehend, auf den Zugang des Registrierungsbriefes abzustellen, nicht zulässig sei, weil das Abstellen auf das Datum der gesetzlichen Regelung nicht zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führe. Vielmehr mache die Auslegung des § 52d S. 2 FGO in dem Sinne, dass die aktive Nutzungspflicht am 1.1.2023 begann, die rechtzeitige Klageerhebung weder unmöglich oder unzumutbar. Auch werde dadurch die Berufsausübungsfreiheit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Denn der Beraterschaft habe das sog. Fast-Lane-Verfahren zur Verfügung gestanden, dessen Nutzung im Rahmen der Mitwirkungsverpflichtungen nach §§ 86c Abs. 1, 86d Abs. 6 StBerG ggf. zu nutzen gewesen sei. Außerdem könne außergewöhnlichen Umständen, die eine Klageerhebung per beSt im Einzelfall unmöglich machten, mit der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begegnet werden.
Im Rahmen des gestellten Wiedereinsetzungsantrags hat das Gericht festgestellt, dass den Bevollmächtigten kein Verschulden an der fehlenden Einhaltung der Formvorschriften des §§ 52d S. 2 FGO traf, weil er glaubhaft vorgetragen hatte, so kurzfristig mit der Klageerhebung beauftragt worden zu sein, dass er auch im Falle der sofortigen Einleitung des Fast-Lane-Verfahrens die Klage nicht fristgerecht hätte erheben können. Gleichwohl wurde Wiedereinsetzung abgelehnt, weil der Vortrag nicht innerhalb der Antragsfrist des § 56 Abs. 2 S. 1 FGO erfolgt war.
FG Düsseldorf v.17.8.2023 – 14 K 125/23 E
Beraterhinweis Die Entscheidung zeigt noch einmal deutlich, welche Schwierigkeiten die Einführung des beSt für die Praxis mit sich bringt. Im Falle der Nichteinhaltung der elektronischen Form des § 52d S. 2 FGO ist daher besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob die Voraussetzungen für eine Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften aus technischen Gründen (S. 3) vorliegen und eine entsprechende Ersatzeinreichung nach S. 4 der Vorschrift vorzunehmen. Greifen diese Vorschriften nicht ein, sollte intensiv die Möglichkeit der Wiedereinsetzung geprüft und hierzu innerhalb der gesetzlichen Frist des §§ 56 Abs. 2 S. 1 FGO vollständig vorgetragen werden.