Die Kläger erstrebten mit der Klage, erhebliche Aufwendungen für einen im Hinblick auf einen antizipierten Krankheitsverlauf vorgenommenen Hausumbau im Wege der abweichenden Festsetzung nach § 163 AO steuermindernd zu berücksichtigen. Zur Begründung verwiesen Sie auf eine diagnostizierte COPD Schweregrad III, mit deren Fortschreiten zu rechnen sei. Auch legten Sie ärztliche Bescheinigung vor, mit der bestätigt wird, dass bei der Klägerin und dem Kläger "aus multiplen internistischen und orthopädischen Gründen ein altersgerechter bzw. behindertengerechter Umbau der Wohnung aus medizinischer Sicht dringend anzuraten ist.". Nach den Feststellungen des medizinischen Dienstes des Beklagten war die Erkrankung der Kläger zum Zeitpunkt der Durchführung der Baumaßnahmen noch nicht soweit fortgeschritten, dass die Baumaßnahmen zum damaligen Zeitpunkt schon als zwingend nötig einzustufen gewesen wären.
Das FG hat die Ablehnung des Erlasses durch den Beklagten als ermessensgerecht angesehen. Eine sachliche Unbilligkeit liege nicht vor. Denn unbeachtet bleiben müssten grundsätzlich solche Erwägungen, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringe. Billigkeitsmaßnahmen dürften nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen (im Fall das Merkmal der Zwangsläufigkeit i.R.d. § 33 EStG; ein insoweit anhängiges Verfahren war wegen der Vorgreiflichkeit der abweichenden Festsetzung ausgesetzt).
Ziel des § 33 EStG sei es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen. Die Umbaumaßnahmen seien im Streitjahr zwar durchaus sinnvoll, aber noch nicht erforderlich gewesen, um den existenziell notwendigen Wohnbedarf zu befriedigen. Die Steuerpflichtigen seien frei gewesen in ihrer Entscheidung, einen altersgerechten bzw. behindertengerechten Umbau des Wohnhauses im Streitjahr oder erst später vorzunehmen. Ein unausweichliches Ereignis tatsächlicher Art und eine damit ausgelöste Zwangslage habe im Streitjahr nicht bestanden. Das von der Klägerseite angeführte Argument des "vorausschauenden Handelns" im Hinblick auf eine erwartbare gesundheitliche Entwicklung widerspreche der vom Gesetz geforderten Zwangsläufigkeit. Atypische Besonderheiten, die ausnahmsweise eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen rechtfertigen könnten seien nicht erkennbar.
FG Nürnberg v. 6.9.2023 – 3 K 988/21