1. Kenntnis des Finanzamts von einer steuerpflichtigen Schenkung
Wenn eine andere als die an sich zuständige FinBeh. mit einer Außenprüfung – hier hinsichtlich Schenkungsteuer – beauftragt wird, bedeutet dies nicht in jedem Fall, dass das Prüfungs-FA auch die daraufhin zu erfolgende Steuerfestsetzung vornimmt (zur sog. veranlagenden Betriebsprüfung vgl. Gosch in Gosch, AO/FGO, § 195 AO Rz. 59 ff..[September 2015]). Denn dass § 195 Satz 3 AO die Möglichkeit vorsieht, dass die Betriebsprüfung selbst die Veranlagung durchführt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Betriebsprüfung stets auch für die Veranlagung zuständig sein muss (a.A. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 195 AO Rz. 36 [Februar 2011]; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 195 AO Rz. 16 [August 2019]). Dies ergibt sich schon aus dem Kompetenzgefüge des GG. Nach § 108 Abs. 1 und Abs. 2 GG dürfen durch Bundesgesetz nur der Aufbau der Landesfinanzbehörden und die Ausbildung der Beamten geregelt werden. Weder macht § 17 FVG Vorgaben für die innere Struktur der Landesfinanzbehörden, noch trifft die AO als Bundesgesetz Regelungen dazu, welche Organisationseinheit innerhalb eines FA für die Entscheidung über den Steueranspruch zuständig ist.
Dann aber ist für die Kenntnis der FinBeh. von der vollzogenen Schenkung im Rahmen des § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO nicht auf die Kenntniserlangung durch das Prüfungs-FA, sondern auf die für die Festsetzung der Schenkungsteuer zuständige Dienststelle abzustellen.
FG Nürnberg v. 9.7.2021 – 4 K 84/19
2. Ermessensentscheidung für Auftragsprüfung
Die zuständige FinBeh. kann eine andere FinBeh. mit der Außenprüfung beauftragen, wobei eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Die Prüfungsanordnung, aus welcher sich die Ermessenserwägungen für den Auftrag ergeben müssen, kann von der beauftragten Behörde erlassen werden. Der beauftragten Behörde kommt gleichfalls die Entscheidungskompetenz über einen Einspruch gegen die Prüfungsanordnung zu (FG Sachs. v. 12.4.2018 – 4 K 273/14, AO-StB 2019, 280; vgl. hierzu auch Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 1954 AO Rz. 34 ff. [Februar 2011]; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 195 AO Rz. 7 ff. [August 2019]; Rüsken in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 195 Rz. 9 ff.; Frotscher in Schwarz/Pahlke, AO, § 195 Rz. 9 [März 2014]).
Eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Durchführung einer Auftragsprüfung erfordert nicht nur die Begründung, weshalb die Außenprüfung nicht durch das zuständige Wohnsitz- oder Betriebsstätten-FA, sondern auch, warum sie gerade durch das beauftragte FA vorgenommen werden soll.
FG Münster v. 28.6.2021 – 1 K 3391/20 AO