Voraussetzung für den Beginn einer Außenprüfung ist es, dass eine Prüfungsanordnung erlassen wurde und dass tatsächlich Prüfungshandlungen für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorgenommen wurden. Dabei muss es sich um solche Maßnahmen handeln, die für den Steuerpflichtigen als Prüfungshandlungen erkennbar sind und geeignet erscheinen, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen (vgl. Rüsken in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 171 Rz. 60).
Mit einer Außenprüfung ist dann begonnen worden, wenn der Betriebsprüfer erscheint und er nach Übergabe oder Übersendung der Prüfungsanordnung Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls vornimmt. Es reicht hierfür aus, dass der Prüfer den Steuerpflichtigen oder eine andere Auskunftsperson bzw. den steuerlichen Berater (schriftlich) auffordert, Ein- und Ausgangsrechnungen, elektronische Finanzbuchhaltungsdaten, Kontennachweise, Sachanlagenverzeichnisse und Aufzeichnungen zu teilfertigen Arbeiten vorzulegen und gezielte Einzelfragen zu bestimmten Geschäftsvorfällen zu beantworten. Dies gilt auch dann, wenn der Prüfer den Prüfungsumfang zwischenzeitlich (hier: 14 Tage nach ursprünglichem Prüfungsbeginn) formgerecht erweitert hatte (zum Begriff des Prüfungsbeginns vgl. BFH v. 24.4.2003 – VII R 3/02, BStBl. II 2003, 739 = DStZ 2003, 638 = HFR 2003, 839; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 87 ff. [April 2018]; Harle / Kuhlemann in Papperitz/Keller, ABC Betriebsprüfung, Fach 3 Stichw. "Beginn der Betriebsprüfung" Rz. 4 ff. [August 2016]).
Im Fall einer solchen Prüfungserweiterung dürfen die nunmehr einbezogenen Steueransprüche im Zeitpunkt des Erlasses der erweiterten Prüfungsanordnung noch nicht festsetzungsverjährt sein und muss vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist mit der (erweiterten) Prüfung tatsächlich begonnen worden sein. Wenn die erweiterte Prüfungsanordnung den Hinweis enthält, dass die Prüfung bereits begonnen hat oder dies dem Steuerpflichtigen bei Bekanntgabe der Anordnung bekannt ist, ist es unschädlich, wenn der Prüfer schon vor dem Erlass der ergänzenden Prüfungsanordnung mit der tatsächlichen Prüfung der neu einbezogenen Steueransprüche begonnen hat.
Scheinhandlungen, die lediglich darauf abzielen, den Ablauf der Festsetzungsfrist aufzuhalten, stellen keinen Prüfungsbeginn i.S.d. § 171 Abs. 4 S. 1 AO dar und sind daher unbeachtlich. Hierbei wird auf die Absicht des Prüfers und seines Sachgebietsleiters abgestellt (zu äußeren Beweisanzeichen für eine Scheinhandlung vgl. FG Nds. v. 13.5.2004 – 6 K 312/00, EFG 2004, 1652 = PStR 2004, 247; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 89 [April 2018]; Harle / Kuhlemann in Papperitz/Keller, ABC Betriebsprüfung, Fach 3 Stichw. "Beginn der Betriebsprüfung" Rz. 5 [August 2016]).
FG Düsseldorf v. 8.7.2022 – 1 K 472/22 U