Anfordern von Unterlagen als die Festsetzungsfrist hemmende Prüfungshandlung
In einem vom FG Düsseldorf entschieden Fall war streitig, ob der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 2015 durch eine Erweiterung der Außenprüfung und die Anforderung von Unterlagen gehemmt wurde.
Die Klägerin (eine GmbH) reichte die Umsatzsteuererklärung 2015 am 21.6.2016 beim Finanzamt ein. Diese stand einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Am 22.8.2016 reichte sie eine berichtigte Umsatzsteuererklärung ein, der das Finanzamt zustimmte; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Mit Schreiben vom 13.10.2020 ordnete das Finanzamt bei der Klägerin eine Außenprüfung u. a. für die Umsatzsteuer 2016 bis 2018 an. Auf einem Arbeitsbogen "Feststellungen im Betrieb" notierte der Prüfer als Prüfungsbeginn den 1.12.2020 um 08.00 Uhr, als Auskunftsperson Herrn B und als vorgelegte Unterlagen die Finanzbuchhaltung Datev als Stick, Bankkontoauszüge und Eingangs-/Ausgangsrechnungen.
Mit Schreiben vom 15.12.2020 (Eingang laut Kanzleistempel des Prozessbevollmächtigten am 21.12.2020) erweiterte der Prüfer den Prüfungszeitraum u.a. auf die Umsatzsteuer 2015 und begründete dies damit, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei. Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn war der 21.12.2020 angegeben.
Anforderung von Unterlagen
Mit Schreiben vom 18.12.2020 (Eingang beim Prozessbevollmächtigten per Fax am 18.12.2020), das auf die Erweiterung der Betriebsprüfung auf das Jahr 2015 vom 15.12.2020 Bezug nahm, bat der Prüfer den Prozessbevollmächtigten um die Vorlage von folgenden Unterlagen für 2015 bis zum 8.1.2021: Eingangs-/Ausgangsrechnungen, elektronische FiBu-Daten, Kontennachweis, Sachanlagenverzeichnis, Aufzeichnungen zu teilfertigen Arbeiten.
Am 18.1.2021 erinnerte der Prüfer an die Einreichung der weiteren angeforderten Unterlagen und teilte mit, dass er wegen der verschärften Corona-Situation die Prüfung nicht vor Ort fortsetzen werde.
Festsetzungsfrist abgelaufen?
Aufgrund der Prüfungsfeststellungen ergab sich eine erhebliche Umsatzsteuernachzahlung 2015. Gegen den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid Umsatzsteuerbescheid 2015 legte die GmbH Einspruch ein. Die reguläre Festsetzungsfrist sei mit Ablauf des 31.12.2020 abgelaufen. Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO greife nicht, da nicht erkennbar sei, dass im Jahr 2020 mit der Betriebsprüfung für 2015 begonnen worden sei.
Einspruch und Klage blieben erfolglos
Der Einspruch wurde vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen. Das FG Düsseldorf hält die von der GmbH eingelegte Klage für unbegründet (Urteil v. 8.7.2022, 1 K 472/22 U). Da die Klägerin die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 im Jahr 2016 abgegeben hatte, endete die reguläre 4-jährige Festsetzungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2020 (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Satz 1 AO).
Der Ablauf der Festsetzungsfrist wurde nach Ansicht des FG jedoch durch die am 18.12.2020 begonnene Außenprüfung für das Jahr 2015 nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt. Die Anforderung von Unterlagen durch das Finanzamt mit Schreiben vom 18.12.2020 stellt eine erkennbar Prüfungshandlung und keine bloße Vorbereitungshandlung dar. Die Revision wurde nicht zugelassen.
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