Selbstverständlich sind Arbeitnehmer am Arbeitsplatz auch bei Verletzungen geschützt, die auf einem Fehlverhalten von Kollegen beruhen. Das kann auch und gerade im Falle einer Alkoholisierung passieren.
Sollte dieses Fehlverhalten zu einer Schadensersatzpflicht des schädigenden Mitarbeiters führen, kann die Berufsgenossenschaft nach § 116 SGB X Rückgriff gegen diesen nehmen. Hier spielen zudem die arbeitsrechtlichen, von Bundesarbeitsgericht und Bundesgerichtshof entwickelten Haftungsbeschränkungen eine Rolle.
Haftung nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz
Nach diesen Grundsätzen haftet der Arbeitnehmer alleine nur in solchen Fällen, in denen er grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat.
Grob fahrlässig handelt ein Arbeitnehmer, wenn er jegliche Sorgfaltspflichten (arbeitsvertragliche wie auch andere, die offenkundig sind!) außer Acht lässt. Vorsätzlich handelt er dann, wenn er den Schaden wissentlich und willentlich herbeiführen will. Für einfaches fahrlässiges Verhalten besteht die Haftung nach Abwägung aller Einzelheiten. So kann die Haftung z. B. geschmälert werden, wenn die Arbeit mit besonderen Risiken verbunden ist oder der Arbeitnehmer nicht ausreichend eingewiesen wurde. Auch hier ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und ggf. wie der Alkoholgenuss sich auf den Tathergang ausgewirkt hat.
Daneben sieht § 105 Abs. 1 SGB VII eine Haftung des schädigenden Arbeitnehmers direkt gegenüber dem verletzten Kollegen bzw. dessen Hinterbliebenen für die Fälle vor, in denen dieser die Verletzung im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit vorsätzlich herbeigeführt hat. Dieser Vorsatz muss sich auch auf die Schadenszufügung als solche beziehen. Diese Schädigung muss im Rahmen einer "betrieblichen Tätigkeit" erfolgen. Dieser Begriff umfasst alle mit dem Betriebszweck zusammenhängenden Aktivitäten und ist sehr weit zu fassen. Darunter fallen in diesem Zusammenhang auch alkoholbedingte Vorgänge, die ansonsten dazu führen würden, dass gar keine versicherte Tätigkeit mehr vorliegt.
Ergänzende Schadensersatznormen im Zivilrecht
§ 105 SGB VII ist keine eigene Anspruchsgrundlage, d. h., der Geschädigte kann sich in einem Schadensersatzprozess gegen den Schädiger nicht direkt darauf berufen, sondern muss sich auf einschlägige zivilrechtliche Schadensersatznormen stützen, um seinen Anspruch geltend zu machen, z. B. § 823 Abs. 1 BGB. § 105 SGB VII stellt nur klar, dass diese beiden Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden können. Der Schädiger kann sich also nicht darauf berufen, dem Geschädigten sei durch die Inanspruchnahme der Berufsgenossenschaft schon genug geholfen.
Die Haftung des § 105 SGB VII ist dann nicht auf Vorsatz beschränkt, wenn ein Arbeitnehmer einen anderen anlässlich eines versicherten Weges schädigt. Der versicherte Weg ist derjenige Weg, der auch im Rahmen des Wegeunfalls versichert ist, i. d. R. also der Weg von und zur Arbeitsstätte. Dem Geschädigten soll nicht die Möglichkeit genommen werden, den Schädiger selbst in Anspruch zu nehmen.
Autounfall
A wird auf dem Weg zur Arbeit bei einem Autounfall verletzt, den sein Kollege B fahrlässig herbeiführt. A kann nun
- sowohl die Berufsgenossenschaft im Rahmen eines Wegeunfalls in Anspruch nehmen,
- als auch B im Rahmen dessen zivilrechtlicher Haftung für die Schädigung im Straßenverkehr.
Damit kann A gegenüber der Berufsgenossenschaft auf alle Fälle seine Körperschäden (Regelungen des SGB VII) geltend machen, gegen B direkt dagegen Ansprüche auf Schmerzensgeld, weitergehende Schäden am Fahrzeug, Nutzungsausfall (Regelungen des BGB) usw.