Leitsatz
Entgeltliche Dienstleistungen einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft begründen einen allgemeinen Zweckbetrieb nur dann, wenn die gegenüber ihren Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind (Bestätigung der BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
§ 14, § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9, § 64, § 65, § 66, § 68 Nr. 3 AO
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt ein auf die textile Vollversorgung von Krankenhäusern und Seniorenheimen mit Mietwäsche spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen für Textilpflege.
Die Beigeladene ist eine wegen Förderung des Wohlfahrtswesens nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AO als gemeinnützig anerkannte GmbH. Die Angebote der Beigeladenen richten sich insbesondere an schwer vermittelbare Arbeitslose. Ziel der Beigeladenen ist es, die von ihr betreuten Beschäftigten durch Rehabilitation und Resozialisierung wieder in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Zudem bietet die Beigeladene Kontakt- und Betreuungsangebote mit integrativem Charakter für Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung.
Die Beigeladene ist alleinige Gesellschafterin der A‐GmbH und der B‐gGmbH. Die A‐GmbH betreibt insbesondere die Bereitstellung von Textilien für Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegewesens.
Die Beigeladene betrieb in den Streitjahren zur Beschäftigung von langzeitarbeitslosen Menschen mit besonderen Einschränkungen und von Menschen mit Behinderung u.a. eine Großwäscherei.
Die Klägerin beantragte beim FA erfolglos, die KSt--Bescheide sowie die GewSt-Messbescheide (einschließlich der Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes) der Beigeladenen für 2012 bis 2014 zu ändern, weil die Wäscherei als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ohne Zweckbetriebseigenschaft anzusehen sei.
Mit ihrer Konkurrentenklage beantragte die Klägerin, die Steuerfestsetzungen der Beigeladenen für 2012 und 2013 dahin gehend zu ändern, dass der Betrieb der Wäscherei als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird. Das FG gab der Klage statt und begründete dies damit, dass die Beigeladene in drei aufeinanderfolgenden VZ jeweils Gewinne erwirtschaftet habe, die ihren konkreten Finanzierungsbedarf überstiegen. In diesem Falle sei entsprechend dem BMF-Schreiben vom 6.12.2017, IV C 4 – S 0185/14/10002:001 (BStBl I 2017, 1603) von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben (FG Düsseldorf, Urteil vom 3.9.2019, 6 K 3315/17 K,G, Haufe-Index 13595795).
Entscheidung
Der BFH sah die Konkurrentenklage wie das FG als zulässig an, hob aber das Urteil des FG gleichwohl auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Zweckbetriebseigenschaft einer gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft bereits dadurch gemäß § 65 Nr. 1 AO ausgeschlossen sei, dass der Zweckbetrieb in drei aufeinanderfolgenden VZ erhebliche Gewinne erzielt habe. Die Sache sei nicht spruchreif.
Hinweis
1. Der Zweckbetrieb setzt nach § 65 Nr. 1 AO insbesondere voraus, dass der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss hierfür mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen unmittelbar der Verwirklichung des steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks dienen, wofür es auf eine Gesamtwürdigung anhand des objektiven Charakters der Betätigung ankommt.
Ein im Hinblick auf § 65 Nr. 1 AOschädliches Gewinnstreben liegt erst vor, wenn die Erfüllung der steuerbegünstigten Satzungszwecke gegenüber der Absicht zur Erzielung von Überschüssen in den Hintergrund tritt. Eine Gewinnerzielung in drei aufeinanderfolgenden Jahren reicht hierfür nicht aus. Anforderungen, die die Finanzverwaltung an den Zweckbetrieb nach § 66 AO im Hinblick auf dessen Abs. 2 stellt, sind nicht auf § 65 AO zu übertragen.
2. Führt eine nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AO gemeinnützige Körperschaft, die als arbeitstherapeutische Beschäftigungsgesellschaft schwer vermittelbare Arbeitslose arbeitstherapeutisch beschäftigt und berufs- und sozialpädagogisch betreut, um dadurch deren Eingliederung in den normalen Arbeitsprozess zu fördern, entgeltliche Dienstleistungen für Dritte aus, um den von ihnen geförderten Personen eine sinnvolle Arbeitstherapie anzubieten, kann ein Zweckbetrieb nach § 65 AO auch dann vorliegen, wenn die Voraussetzungen nach § 66 AO oder § 68 Nr. 3 Buchst. c AO nicht erfüllt werden.
Bei Lohnaufträgen einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft liegt ein Zweckbetrieb nach § 65 AO aber nur vor, wenn die gegenüber den Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind. Dies schließt es zwar nicht aus, dass die Beschäftigungsgesellschaft auch nicht förderungsbedürft...