Dr. Hans Flick, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
10.6.1 Nach § 10 Abs. 6 AStG werden Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter auch bei Vorliegen eines DBA der Besteuerung unterworfen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Einkünften mit Kapitalanlagecharakter im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 2 und denen im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 AStG; letztere sind nur in Höhe von 60 v.H. bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages zu berücksichtigen (Hinweis auf Tz. 10.6.5).
10.6.2 Nach § 10 Abs. 6 Satz 2 AStG handelt es sich bei den Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter um Einkünfte aus passivem Erwerb einer ausländischen Gesellschaft, die aus dem Halten, der Verwaltung, Werterhaltung oder Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Forderungen, Wertpapieren, Beteiligungen oder ähnlichen Vermögenswerten stammen. Dies sind Einkünfte im Sinne des § 20 EStG ebenso wie Einkünfte unter anderem aus Finanzierungsleasing (Hinweis auf Tz. 8.1.6.4), soweit es sich nicht um eine Vermietungstätigkeit handelt, Factoring, Finanzinnovationen und Termingeschäften, die niedrig besteuert sind, es sei denn, der Steuerpflichtige weist das Vorliegen einer der Ausnahmen in § 10 Abs. 6 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AStG nach. Zu den Einkünften mit Kapitalanlagecharakter gehören auch entsprechende Veräußerungsgewinne und -verluste, ebenso wie den Einkünften mit Kapitalanlagecharakter funktional zuzuordnende Nebenerträge, zB aus Sicherungsgeschäften.
Für die Feststellung nach § 10 Abs. 6 AStG aF, ob die Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter überwiegen, ist – bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1992 – auf das Verhältnis dieser Einkünfte zu den gesamten Zwischeneinkünften der ausländischen Zwischengesellschaft abzustellen.
10.6.3 Keine Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter sind Einkünfte im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG aus Kapitalanlagen der Kreditinstitute oder Versicherungsunternehmen, ausgenommen aus Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KWG und von Captives. Das gleiche gilt für Einkünfte im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 7 und § 8 Abs. 2 AStG. Einkünfte, die an sich Kapitalanlagecharakter haben, sind Einkünften aus aktiver Tätigkeit zuzuordnen, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der aktiven Tätigkeit stehen (Hinweis auf Tz. 8.0.2).
10.6.4 Bei entsprechendem Nachweis sind Einkünfte einer Gesellschaftsholding keine Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter.
Die Ausnahme des § 10 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 AStG erstreckt sich auf die Einkünfte aus der Beteiligung einschließlich der Gewinne aus der Veräußerung dieser Beteiligung.
10.6.5 Bei der Ausnahme in § 10 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 AStG handelt es sich um Einkünfte für konzerninterne Dienstleistungen, die im Halten, in der Verwaltung und Werterhaltung von Vermögenswerten bestehen, die nach Maßgabe des § 1 AStG angemessen vergütet werden. Soweit die ausländische Gesellschaft im Rahmen eines einheitlichen Vertrags tätig wird, wird auf Tz. 8.0.3 verwiesen.
10.6.6 Bei entsprechendem Nachweis sind Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter nach § 10 Abs. 6 Satz 3 AStG nur mit 60 v.H. anzusetzen, wenn sie auf der innerkonzernlichen Finanzierung ausländischer Betriebsstätten und konzernzugehöriger Gesellschaften stammen, ohne Rücksicht darauf, woher die Mittel kommen. Voraussetzung ist, daß die im Ausland befindlichen Betriebsstätten oder Gesellschaften ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus Tätigkeiten im Sinne des § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 AStG oder aus unter § 8 Abs. 2 AStG fallenden Beteiligungen beziehen. Maßgebliches Kriterium für die Zugehörigkeit einer ausländischen Betriebsstätte oder ausländischen Gesellschaft ist die einheitliche Leitung. Der nur in Höhe von 60 v.H. anzusetzende Anteil der Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 AStG unterliegt weder der Gewerbesteuer (§ 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 AStG) noch der Vermögensteuer (§ 20 Abs. 3 AStG).
10.6.7 Die Rechtsfolge des § 10 Abs. 6 AStG tritt nur ein, soweit im Hinzurechnungsbetrag Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter enthalten sind. Besteht der Hinzurechnungsbetrag sowohl aus Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter als auch aus anderen Einkünften, so ist er in einen nach § 10 Abs. 5 AStG freizustellenden und einen nach § 10 Abs. 6 AStG nicht befreiten Teil aufzuteilen. Hierbei ist nach den Grundsätzen der Tz. 10.4 zu verfahren.
Haben Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter und andere Zwischeneinkünfte zum Hinzurechnungsbetrag geführt und wird dieser gemindert, zB durch einen Verlustabzug nach § 10 d EStG oder durch Zurechnung negativer Zwischeneinkünfte von Untergesellschaften, so ist – wenn eine direkte Zuordnung nicht möglich ist – davon auszugehen, daß die Minderung anteilig auf die unterschiedlichen Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter entfällt.
Anlage 3
Schemata zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7–14 AStG
Schema I |
(bei einstufigem Beteiligungsaufbau und Fällen des § 8 Abs. 2 AStG) |
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Für Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer |
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