Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
1.3.1 Allgemeines
Rz. 9
Der Anhang umfasst neben den gesetzlichen Pflicht- und Wahlpflichtangaben (vgl. Rz. 11 ff.) auch zusätzliche Angaben. Diese lassen sich weiterhin unterteilen in Angaben aufgrund von Empfehlungen privater Gremien und sonstige freiwillige Angaben. Zu den Angaben aufgrund von Empfehlungen privater Gremien zählen die Angaben des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) und Angaben des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK).
Rz. 10
Sofern über die Pflicht- und Wahlpflichtangaben zusätzliche Informationen im Anhang gegeben werden, gilt auch für diesen Teil des Jahresabschlusses der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit gemäß § 243 Abs. 2 HGB (vgl. Rz. 24). Hinsichtlich der Gliederung des Anhangs vgl. Rz. 25 ff.
1.3.2 Pflichtangaben und Wahlpflichtangaben
Rz. 11
Der Mindestinhalt des Anhangs ergibt sich grundsätzlich aus § 284 Abs. 1 HGB. Dabei unterscheidet das Gesetz 2 Gruppen von Angabepflichten:
- Pflichtangaben: Es handelt sich um Angaben, die im Anhang und nicht an anderer Stelle im Jahresabschluss gemacht werden dürfen. Im Regelfall können diese Informationen aber auch – aufgrund der Formvorschriften der §§ 266, 275 HGB – in keinem anderen Rechnungslegungsinstrument innerhalb des Jahresabschlusses gegeben werden.
Die Angabe der angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (§ 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB) darf nur im Anhang erfolgen.
- Wahlpflichtangaben: Es handelt sich um Angaben, die zwar im Jahresabschluss gemacht werden müssen, bei denen aber der Abschlussersteller die Wahl hat, ob er sie in den Anhang oder in die Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung aufnimmt.
Angabe eines aktivierten Disagios im Anhang anstelle eines gesonderten Ausweises im Rahmen der Rechnungsabgrenzungsposten (§ 268 Abs. 6 HGB).
Rz. 11a
Durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) wurde eine Vielzahl von vormals bestehenden Wahlpflichtangaben zugunsten der verbindlichen Angabe einer bestimmten Information in einem Rechnungslegungsinstrument abgeschafft (z. B. zwingende Verlagerung der Darstellung der Haftungsverhältnisse in den Anhang gem. § 268 Abs. 7 HGB oder zwingende Darstellung des Anlagespiegels im Anhang gem. § 284 Abs. 3 HGB); die verbindliche Zuweisung der Erfüllung einer bestimmten Informationsangabe an ein einziges Rechnungslegungsinstrument dient dem Zweck, einen höheren Grad an Standardisierung und damit eine verbesserte Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen verschiedener Unternehmen zu erreichen.
Rz. 12
Die für alle Gesellschaften geltenden Pflichtangaben für den Anhang sind in erster Linie in § 284 und § 285 HGB niedergelegt; die Wahlpflichtangaben finden sich verstreut in den Einzelvorschriften des ersten Unterabschnitts (des zweiten Abschnitts des dritten Buchs des HGB) in den ersten 3 Titeln. Darüber hinaus existieren rechtsformspezifische bzw. auch branchenspezifische Anhangangaben, bei denen ebenso eine Unterscheidung zwischen Pflichtangaben und Wahlpflichtangaben möglich ist.
Die Entscheidung, Wahlpflichtangaben in der Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang zu geben , ist Gegenstand der formellen Bilanzpolitik.
1.3.3 Qualität der im Anhang offenzulegenden Informationen
Rz. 13
Für die im Anhang offenzulegenden Informationen wählt der Gesetzgeber verschiedene Begriffe. Im Einzelnen unterscheidet er nach der Informationsqualität "Angabe", "Ausweis", "Aufgliederung", "Erläuterung", "Darstellung" und "Begründung".
In Anlehnung an Selchert/Karsten können die verwendeten Begriffe wie folgt definiert werden:
Angabe: |
bloße Nennung des Sachverhalts ohne Zusätze oder Erläuterung |
Ausweis: |
quantitative Nennung des Sachverhalts |
Aufgliederung: |
quantitative Aufspaltung eines (Bilanz- oder Gewinn- und Verlustrechnungs-)Postens in seine Bestandteile |
Erläuterung: |
verbale Kommentierung und Interpretation, sodass die Zusammenhänge für den Bilanzleser verständlich werden |
Darstellung: |
Angabe, verbunden mit einer Aufgliederung oder Erläuterung; je nach darzustellendem Sachverhalt quantitativ und/oder verbal |
Begründung: |
verbale Offenlegung von Argumenten, welche kausal für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen sind und dem Bilanzleser die Nachvollziehbarkeit des (bilanziellen) Handelns erleichtern |
1.3.4 Größenabhängige und sachliche Erleichterungen
Rz. 14
Große Kapitalgesellschaften (einschließlich große Kapitalgesellschaften & Co.) i. S. d. § 267 Abs. 3 HGB haben die gesetzlichen Angabepflichten grundsätzlich in vollem Umfang zu erfüllen. Für diese können allenfalls Schutzklauseln nach § 286 HGB zur Anwendung kommen (vgl. Rz. 15).
Rz. 14a
Kleine (§ 267 Abs. 1 HGB) und mittelgroße (§ 267 Abs. 2 HGB) Kapitalgesellschaften (einschließlich entsprechend großer Kapitalgesellschaften & Co.) dürfen bei der Erstellung des Anhangs gemäß § 288 HGB größenabhängige Erleichterungen in Anspruch nehmen, d. h., sie brauchen bestimmte Angaben...