Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 42
Die Stetigkeit der Jahresabschlüsse ist ein wichtiges Ziel des Bilanzrechts. Die Stetigkeit umfasst im Einzelnen Bezeichnungs-, Gliederungs- und Ausweisstetigkeit. Dem Bilanzleser soll dadurch der Vergleich der Jahresabschlüsse des Unternehmens im Zeitablauf erleichtert werden. Veränderungen bei den einzelnen Abschlussposten sollen nach Möglichkeit ausschließlich auf Veränderungen der zugrunde liegenden Sachverhalte und nicht etwa auf veränderte Abschlusserstellungspraktiken zurückzuführen sein. Nur so lässt sich aus der Entwicklung der Abschlusszahlen über die Jahre hinweg eine zutreffende Beurteilung der Unternehmenssituation gewinnen. Deshalb wurde – neben der Bilanzierungs- und Bewertungsstetigkeit in §§ 246 Abs. 3 und 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB – in § 265 Abs. 1 Satz 1 HGB festgelegt, dass die Form der Darstellung, insbesondere die Gliederung der aufeinander folgenden Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen, beizubehalten ist (formelle Stetigkeit).
Abweichungen von der formellen Stetigkeit sind nur in Ausnahmefällen wegen besonderer Umstände zulässig; keinesfalls darf eine solche Abweichung von der Stetigkeit deshalb erfolgen, weil diese im Anhang angegeben und begründet wird. Kommt es zu solchen Abweichungen, so ist das im Anhang anzugeben und zu begründen (§ 265 Abs. 1 Satz 2 HGB). Die Angabepflicht soll bei erforderlichen Durchbrechungen der formellen Stetigkeit die Vergleichbarkeit aufeinander folgender Jahresabschlüsse gewährleisten. Weiterhin schreibt § 265 Abs. 1 Satz 2 HGB eine Begründung vor, damit der Jahresabschlussleser nicht nur entnehmen kann, wie, sondern auch warum von der bisherigen Darstellungsform abgewichen wird.
Insbesondere die nachfolgend aufgeführten Änderungen sind berichtspflichtig:
Rz. 43
Rz. 44
Berichtspflicht bedeutet, dass der Sachverhalt, bei dem es zu Änderungen gekommen ist, bezeichnet wird. Darüber hinaus verlangt das Gesetz die Begründung der Abweichung von der formellen Stetigkeit. Als Abweichungsgründe können in Betracht kommen:
- Änderung der rechtlichen Grundlagen;
- Wechsel des Mutterunternehmens und Anpassung an dessen konzerneinheitlich ausgeübte Ausweiswahlrechte oder bedeutender Gesellschafterwechsel;
- Anpassung der Darstellungsform an branchenübliche Darstellungsweise;
- zunehmende bzw. abnehmende Bedeutung einzelner Posten, die aus Gründen größerer Klarheit und Übersichtlichkeit eine weitere Untergliederung bzw. Zusammenfassung mit anderen Posten notwendig machen;
- geänderte bilanzrechtliche Beurteilung von Sachverhalten, aufgrund der es zu einer Verbesserung der Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses kommt.
Rz. 45
Der Kenntlichmachung von Durchbrechungen der formellen Stetigkeit dienen auch die Angabepflichten gemäß § 265 Abs. 2 Sätze 2, 3 HGB. Hier geht es um die Sicherung der Vergleichbarkeit der in einem Geschäftsjahr ausgewiesenen Abschlussposten mit den entsprechenden Vorjahresbeträgen, denn § 265 Abs. 2 Satz 1 HGB schreibt für alle Posten in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung die Angabe der entsprechenden Vorjahresbeträge vor. Die Vergleichbarkeit ist beeinträchtigt, wenn der materielle Inhalt der einzelnen Abschlussposten geändert wird.
Rz. 46
- Ein das Umsatzkostenverfahren anwendendes Unternehmen hat bislang die sonstigen Steuern entsprechend dem gesetzlich vorgesehenen Ausweis unter der im GuV-Gliederungsschema in § 275 Abs. 3 Nr. 15 HGB vorgesehenen GuV-Position dargestellt. Nunmehr weist das Unternehmen – entsprechend internationaler Praxis – die auf die Funktionsbereiche zuordenbaren sonstigen Steuern unter den entsprechenden Funktionskosten aus.
- Die zum Bilanzstichtag nicht abgenommenen langfristigen Fertigungsaufträge, die bisher entsprechend weit verbreiteter Praxis unter den unfertigen Erzeugnissen ausgewiesen wurden, sollen nun in Konformität zu den internationalen Rechnungslegungsstandards unter den Forderungen (ggf. mit einer "Davon"-Angabe) oder einem gesonder...