Rz. 19

[Autor/Stand] Adressat des formlos zulässigen Optionsantrags[2] war das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt (§ 35 ErbStG). Es prüfte die Optionsvoraussetzungen und veranlasste, soweit eine Erbschaftsteuerpflicht für den Erwerb bedarfsbewertungsbedürftigen Vermögens in Betracht kam (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1–4, Satz 2 BewG),[3] die Aufnahme erforderlicher Wertfeststellungsverfahren durch die zuständigen Bewertungsbehörden (§ 152 BewG). Das jeweilige Bewertungsfinanzamt hatte sodann kraft bindender Verwaltungsanweisung[4] das BewG zwingend i.d.F. des ErbStRG anzuwenden (s. aber Anh. zu § 37 Rz. 12 ff.

 

Rz. 20

[Autor/Stand] War die Erbschaftsteuer schon vor dem 1.1.2009 festgesetzt, ermächtigte Art. 3 Abs. 2 Halbs. 2 ErbStRG zur Änderung des Erbschaftsteuerbescheids unabhängig von seiner Bestandskraft (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO).[6] Erfolgte die Steuerfestsetzung erst nach dem 31.12.2008, ermöglichte ein vor Ablauf der Einspruchsfrist und vor dem 1.7.2009 (s. Anh. zu § 37 Rz. 16) gestellter Antrag nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ErbStRG die schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO. War der Erbschaftsteuerbescheid bereits einspruchsbehaftet, wurde der Optionsantrag zum Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens[7] und bestimmte, ebenso wie bei noch ausstehender Erbschaftsteuerfestsetzung, als insoweit notwendige formelle Voraussetzung die rückwirkende Anwendung des neuen ErbStG/BewG.

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Art. 3 ErbStRG enthielt keine Regelung für eine Änderung bereits ergangener Bedarfswertbescheide auf der Basis des BewG a.F. Auch der Gesetzesbegründung ist hierzu nichts zu entnehmen. Wer, wie die Finanzverwaltung, aufgrund eines Optionsantrags zur zwingenden Anwendung der geänderten und/oder neuen Vorschriften des BewG gelangte,[9] übersprang damit eine Gesetzeslücke. Mit § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO fand man allerdings eine Korrekturvorschrift zur notwendigen Bescheidänderung.[10] Die Option eines Erwerbers wurde daher als rückwirkendes Ereignis verstanden, das den Steuerwert[11] seines von Todes wegen erworbenen Vermögens mit Wirkung für die Vergangenheit beeinflusste.[12] Ein solcher Schluss mag materiell-rechtlich aus dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ErbStRG folgen.[13] Für Fälle, in denen nicht alle Miterben nach einem Erblasser nicht oder nicht übereinstimmend optierten, hatte die Finanzverwaltung eine praxistaugliche Verfahrensweise vorgeschlagen.[14]

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.02.2020
[2] Siehe aber Halaczinsky, UVR 2009, 18 (unter I.2), der Schriftform verlangt.
[3] Siehe allerdings Ländererlasse v. 30.3.2009, BStBl. I 2009, 546 – Abschn. 2 Abs. 5 Sätze 1 und 2.
[4] Ländererlasse v. 23.2.2009, BStBl. I 2009, 446 – Abs. 9 Satz 3.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.02.2020
[6] A.A. – Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO – wohl Kien-Hümbert in Moench, § 37 ErbStG Rz. 5.
[7] Hinweis insb. auf § 367 Abs. 2, 2a AO.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.02.2020
[9] Ländererlasse v. 23.2.2009, BStBl. I 2009, 446 – Abs. 9 Satz 3.
[10] Ländererlasse v. 23.2.2009, BStBl. I 2009, 446 – Abs. 9 Satz 4.
[12] Siehe BFH v. 10.11.2004 – II R 24/03, BStBl. II 2005, 182 (zur Qualität des Wahlrechts nach § 13 Abs. 2a ErbStG i.d.F. des StandOG v. 13.9.1993, BGBl. I 1993, 1569).
[13] Vgl. BFH v. 8.11.2006 – II R 13/05, BFH/NV 2007, 641; krit. auch Kien-Hümbert in Moench, § 37 ErbStG Rz. 7.
[14] Ländererlass, Bayer. Staatsmin. d. Fin. v. 12.1.2010 – 37-S 3715-009-52 032/09, juris.

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