Rz. 2

[Autor/Stand] Ein Gesetz mit beschränkter Haltbarkeit: Gültig ab 1.1.2009 trat Art. 3 ErbStRG bereits am 1.7.2009 außer Kraft (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 ErbStRG). Zeitlich befristet konnte danach ausschließlich für Erwerbe von Todes wegen mit Steuerentstehungszeitpunkten nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 die rückwirkende Anwendung des neuen, ab 1.1.2009 geltenden ErbStG und des BewG beantragt werden (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ErbStRG); ausgenommen von dieser bewussten Durchbrechung des Stichtagsprinzips war lediglich die Freibetragsvorschrift des § 16 ErbStG (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 ErbStRG).[2]

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Dass die damit für einschlägige Fälle gewollte Möglichkeit zur Rosinenpickerei[4] trotz entsprechender Initiative des Bundesrats[5] nicht verlängert wurde, stieß nicht auf Zustimmung.[6] Die Praxis, die noch geraume Zeit auf nähere Anwendungsvorschriften der Finanzverwaltung warten musste,[7] war dadurch vielfach zu einer vorsorglichen Beantragung genötigt.[8]

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Beachten Sie: Mit Art. 14 Wachstumsbeschleunigungsgesetz,[10] gültig nur vom 1.1. bis 1.7.2010 (Art. 15 Abs. 3 und 5 Wachstumsbeschleunigungsgesetz), sorgte der Gesetzgeber dafür, dass die durch Art. 6 Nr. 1 und 3 Wachstumsbeschleunigungsgesetz entschärften Verschonungsvoraussetzungen für den Erwerb unternehmerischen Vermögens auch bei Anwendung der Optionsregelung des Art. 3 ErbStRG gelten sollten.[11] Dies war konsequent, wirkte sich aber nur bei rechtswirksamer Antragstellung des Erwerbers aus, wobei die zeitliche Beschränkung der Vorschrift zu einer differenzierten Beachtung der Bescheidlage zwang.[12]

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Hinweis: Es scheint, als habe der Gesetzgeber anlässlich der mit dem Jahressteuergesetz 2010 v. 8.12.2010[14] verwirklichten erbschaft-/schenkungsteuerlichen Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Ehegatten (s. § 37 Rz. 12 ff.) an eine Anpassung des Art. 3 Abs. 1 ErbStRG nicht gedacht. Bei wörtlicher Anwendung von Satz 1 dieser Norm waren alle Änderungen des ErbStG, die dem ErbStRG, geltend ab 1.1.2009 (Art. 6 Abs. 1 ErbStRG), nachfolgten, nicht optionabel. Die Anwendbarkeit später in Kraft getretener Vorschriften hätte daher, wie hinsichtlich §§ 13a, 19a ErbStG durch Art. 14 Wachstumsbeschleunigungsgesetz geschehen (s. vorstehend Rz. 4), klar und eindeutig angeordnet werden müssen. Das JStG 2010, gültig ab 14.12.2010 (Art. 32 Abs. 1 JStG 2010), enthält eine solche Anordnung nicht. Möglicherweise fehlte damit die Rechtsgrundlage, überlebende Lebenspartner bei erbschaftsteuerbaren Erwerben der Jahre 2007 und 2008 auch im Falle wirksamer Option nach Art. 3 ErbStRG wie Ehegatten zu besteuern (s. § 37 Rz. 12.1).

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.02.2020
[2] S. auch FG München v. 12.6.2018 – 4 K 2133/17, EFG 2018, 1577. Zu Zweifelsfragen der Optionsregelung ausführlich Hartmann, ErbStB 2010, 140.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.02.2020
[4] Siehe zu Art. 3 ErbStRG-E, BT-Drucks. 16/7918.
[5] BR-Drucks. 168/1/09 – Ziff. 24.
[6] DStV-Forum, Stbg 2009, 288; Neufang, BB 2009, 1500.
[7] Ländererlasse v. 23.2.2009, BStBl. I 2009, 446; v. 30.3.2009, BStBl. I 2009, 546; v. 25.6.2009, BStBl. I 2009, 698
[8] Götzenberger/Leitner, BB 2009, 1274; Neufang/Brey/Merz, Stbg 2009, 129 (mit Hinweis auf die Risiken der Berater); Schwind/Schmidt, NWB 2009, 1654; Theissen, ZEV 2009, 227 (mit Hinweis auf die grundsätzliche Widerruflichkeit des Antrags).
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.02.2020
[10] V. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950.
[11] OFD Münster, Kurzinformation Sonstige Besitz- und Verkehrsteuern Nr. 001/2010 v. 16.4.2010, ZEV 2010, 331.
[12] Hartmann, ErbStB 2010, 140 (unter VII.).
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.02.2020
[14] BGBl. I 2010, 1768.

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