Mit Urteil vom 28. Oktober 2009 – I R 99/08 – (BStBl. 2011 II S. 1019) hat der BFH – abweichend von seiner jahrzehntelangen Rechtsprechung – entschieden, dass die Verlegung des Betriebs in das Ausland nicht zur Annahme einer (fiktiven) Betriebsaufgabe führt. Die Aufgabe der Rechtsprechung zur "Theorie der finalen Betriebsaufgabe" steht im Zusammenhang mit dem Urteil vom 17. Juli 2008 – I R 77/06 – (BStBl. 2009 II S. 464), nach dem die Überführung (Entnahme) von Einzelwirtschaftsgütern aus dem inländischen Betrieb des Steuerpflichtigen in die ausländische Betriebsstätte im Zeitpunkt der Überführung (Entnahme) nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führt, wenn der Gewinn der ausländischen Betriebsstätte aufgrund eines DBA nicht der inländischen Besteuerung unterliegt.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich hierzu wie folgt Stellung:

1.  Gesetzliche Anpassung im Jahressteuergesetz 2010

Durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768)[1] wurde in § 52 Absatz 8 b Satz 2 ff. iVm. § 4 Absatz 1 Satz 3 EStG, in § 52 Absatz 34 Satz 5 iVm. § 16 Absatz 3 a EStG und in § 34 Absatz 8 Satz 3 ff. iVm. § 12 Absatz 1 KStG die jahrzehntelange BFH-Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur finalen Entnahme und zur finalen Betriebsaufgabe für Sachverhalte vor Inkrafttreten des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782[2], ber. BGBl. I 2007 S. 68) gesetzlich festgeschrieben.

Durch diese gesetzlichen Anpassungen sind die Grundsätze des Urteils des BFH vom 17. Juli 2008 – I R 77/06 – und des Urteils des BFH vom 28. Oktober 2009 – I R 99/08 – auf die entschiedenen Einzelfälle beschränkt. In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 3 EStG und des § 12 Absatz 1 KStG bleibt die bisherige Billigkeitsregelung in Tz. 2.6 des BMF-Schreibens vom 24. Dezember 1999 (BStBl. I S. 1076 – sog. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze) für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Januar 2006 enden, weiterhin anwendbar. Für Fälle des § 16 Absatz 3 a EStG in Wirtschaftsjahren, die vor dem 1. Januar 2006 enden, findet § 36 Absatz 5 EStG bereits Anwendung (vgl. § 52 Absatz 50 d Satz 3 EStG).

Die Rechtslage für Sachverhalte ab Inkrafttreten des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, ber. BGBl. I 2007 S. 68) wird durch die genannte BFH-Rechtsprechung nicht berührt.

2.  Anwendungsregelung

Dieses Schreiben gilt in allen offenen Fällen. Es steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (www. bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Wirtschaft und Verwaltung – Steuern – Veröffentlichungen zu Steuerarten – Einkommensteuer zur Ansicht und zum Abruf bereit.

[1] BStBl. I S. 1394.
[2] BStBl. 2007 I S. 4.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge