Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 1
1. BMF, Schr. v. 30.1.2006 – IV B 1-S 2411-4/06 (Ausschluss der Kapitalertragsteuererstattung bei Zwischenschaltung einer funktionslosen Holdinggesellschaft), BStBl. I 2006, 166
Unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt das Folgende:
Der BFH hat mit seinem Urteil vom 31.5.2005 (BFH, Urt. v. 31.5.2005 – I R 74, 88/04, BStBl. II 2006, 118) entschieden, dass einer niederländischen Kapitalgesellschaft, die innerhalb eines ebenfalls in den Niederlanden ansässigen aktiv tätigen Konzerns auf Dauer als Holdinggesellschaft ausgegliedert wird, die Steuerentlastung gemäß § 50 d Abs. 1 Satz 1 EStG 1990/1994 auch dann nicht nach § 50 d Abs. 1 a EStG 1990/1994 zu versagen ist, wenn an ihr Personen beteiligt sind, denen die Steuerentlastung nicht zustünde, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielen würden.
Das vorgenannte Urteil ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Für diese Entscheidung sind insbesondere die folgenden Überlegungen maßgebend:
1. § 50 d Abs. 1 a EStG 1990/1994 (jetzt: § 50 d Abs. 3 EStG) stellt auf die Verhältnisse der zwischengeschalteten Gesellschaft ab. Der BFH überträgt hingegen die Merkmale anderer (konzernzugehöriger) Unternehmen auf diese Gesellschaft, sofern die Aktivitäten der zwischengeschalteten Gesellschaft einem langfristig angelegten konzerninternen Strategiekonzept folgen. Diese Merkmalsübertragung lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut ableiten noch entspricht sie der historischen Auslegung dieser Vorschrift, mit der die bisherige Rechtsprechung des BFH zu Basisgesellschaften kodifiziert wurde und die insoweit einer Merkmalsübertragung entgegensteht.
Ohne Rücksicht darauf handelt es sich im vorliegenden Sachverhalt um einen eindeutigen Fall des treaty-shopping.
- 2. Nach dem Wortlaut des § 50 d Abs. 3 EStG (§ 50 d Abs. 1 a EStG aF) sowie seiner Gesetzesbegründung ist weiterhin davon auszugehen, dass in jedem Fall eine substantielle Geschäftsausstattung der ausländischen Gesellschaft notwendig ist, um die Funktionslosigkeit der Gesellschaft auszuschließen.
- 3. Das kumulative Vorliegen der Voraussetzungen in § 50 d Abs. 3 EStG (§ 50 d Abs. 1 a EStG aF) bezieht sich auf einen persönlichen Tatbestand (kein Anspruch, soweit persönlich keine Entlastungsberechtigung der Antrag stellenden ausländischen Gesellschaft vorliegt) und einen sachlichen Tatbestand (es sind keine wirtschaftlichen Gründe gegeben). Die Merkmale "wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen" und "keine eigene Wirtschaftstätigkeit entfalten" müssen nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift sowie der historischen Auslegung nicht kumulativ vorliegen.
- 4. Im Übrigen wird der Schutzzweck des § 50 d Abs. 3 EStG durch das in Rede stehende BFH-Urteil faktisch aufgehoben, weil jegliche Gestaltungen entsprechend begründet werden können (zB dürfte die Behauptung, für die Einschaltung der funktions- bzw. substanzlosen Gesellschaft bestünde ein langfristig angelegtes konzerninternes Strategiekonzept, kaum bzw. schwer zu widerlegen sein).
Rz. 2
2. BMF, Schr. v. 3.4.2007 – IV B-S 2411/07/0002 (Entlastungsberechtigung ausländischer Gesellschaften; Anwendung des § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. JStG 2007), BStBl. I 2007, 446
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des § 50 d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl. I 2006, 2878 = BStBl. I 2007, 28 (JStG 2007) Folgendes:
1. Allgemeines
Die Vorschrift des § 50 d Abs. 3 EStG schränkt den Anspruch einer ausländischen Gesellschaft nach §§ 43 b oder 50 g EStG oder nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) auf Befreiung oder Ermäßigung von Kapitalertrag- oder Abzugssteuern nach § 50 a EStG ein,
- soweit Personen an der Gesellschaft beteiligt sind, denen die Steuerentlastung nicht zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und
- einer der in § 50 d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Tatbestände vorliegt.
Nach diesen in den Nummern 1 bis 3 genannten Tatbeständen hat die ausländische Gesellschaft keinen Anspruch auf völlige oder teilweise Steuerentlastung, wenn
- 1. für ihre Einschaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen oder
- 2. sie nicht mehr als 10 Prozent ihrer gesamten Bruttoerträge des betreffenden Wirtschaftsjahres aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielt oder
- 3. sie nicht mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
2. Anwendungsbereich
Unter den Voraussetzungen des § 50 d Abs. 3 Satz 1 EStG hat eine ausländische Gesellschaft keinen Anspruch auf völlige oder teilweise Entlastung von der Kapitalertragsteuer oder der Abzugssteuer nach § 50 a EStG. Ausgeschlossen werden hiernach Ansprüche auf völlige oder teilweise Erstattung einbehaltener Steuern (§ 50 d Abs. 1 EStG) als auch auf völlige oder teilweise Freistellung vom Steuerabzug nach § 50 d Abs. 2 EStG.
Nicht in den Anwe...