BMF, Schreiben v. 24.1.2012, IV B 3 - S 2411/07/10016, BStBl I 2012, 171
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des § 50d Abs. 3 EStG (Dieses Schreiben gilt für die unmittelbare Anwendung des § 50d Abs. 3 EStG. Soweit diese Vorschrift nur entsprechend anzuwenden ist, wie z.B. gem. § 44a Abs. 9 Satz 2 EStG, sind die Ausführungen dieses Schreibens nur nach dem Sinn und Zweck der Verweisungsvorschrift zu berücksichtigen) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7.12.2011, BGBl 2011 Teil I S. 2592 Folgendes:
1. Allgemeines
Die Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG schränkt den Anspruch einer ausländischen Gesellschaft nach §§ 43b, 50g EStG oder nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) auf Befreiung oder Ermäßigung von Kapitalertrag- oder Abzugssteuern nach § 50a EStG ein,
- soweit Personen an der Gesellschaft beteiligt sind, denen die Steuerentlastung nicht zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten (persönliche Entlastungsberechtigung), und
- soweit die Funktionsvoraussetzungen des § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG (sachliche Entlastungsberechtigung) nicht vorliegen (schädliche Erträge).
Die Funktionsvoraussetzungen für unschädliche Erträge sind alternativ erfüllt,
- soweit die von der ausländischen Gesellschaft im betreffenden Wirtschaftsjahr erzielten Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen oder
- in Bezug auf die nicht eigenwirtschaftlichen Erträge für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe vorhanden sind und die ausländische Gesellschaft mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt oder
- § 50d Abs. 3 Satz 5 EStG Anwendung findet.
2. Anwendungsbereich
Unter den Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG hat eine ausländische Gesellschaft keinen Anspruch auf völlige oder teilweise Entlastung von der Kapitalertragsteuer oder der Abzugssteuer nach § 50a EStG. Ausgeschlossen werden hiernach Ansprüche auf völlige oder teilweise Erstattung einbehaltener Steuern (§ 50d Abs. 1 EStG) sowie auf völlige oder teilweise Freistellung vom Steuerabzug (§ 50d Abs. 2 EStG).
Erzielt die ausländische Gesellschaft der Quellensteuer unterliegende abzugsteuerpflichtige Einkünfte, ermäßigt sich die Quellensteuer vorbehaltlich einer zusätzlichen persönlichen Entlastungsberechtigung im Verhältnis der unschädlichen Bruttoerträge zu den im Wirtschaftsjahr insgesamt erzielten Bruttoerträgen der ausländischen Gesellschaft („Aufteilungsklausel”).
Nicht in den Anwendungsbereich des § 50d Abs. 3 EStG fallen eventuelle Entlastungsansprüche, die sich aus der Zuweisung des Besteuerungsrechtes nach einem DBA für andere Einkünfte ergeben, z.B. Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen.
3. Ausländische Gesellschaft
Der Begriff der Gesellschaft ist entsprechend dem jeweiligen Antrag i.S.d. einschlägigen DBA oder der §§ 43b Abs. 2 oder 50g Abs. 3 Nr. 5 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) EStG auszulegen. Nach Artikel 3 Abs. 1 Buchst. b) OECD-Musterabkommen bedeutet der Ausdruck „Gesellschaft” juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden. Die Einordnung einer Gesellschaft durch die Vertragsstaaten kann unterschiedlich ausfallen. Für deutsche Besteuerungszwecke erfolgt die Einordnung ausschließlich nach deutschem Steuerrecht (Typenvergleich). Unabhängig davon ist Entlastung von deutschen Abzugssteuern zu gewähren, wenn die Einkünfte nach dem Recht des anderen Staates dort als Einkünfte einer ansässigen Person steuerpflichtig sind. Daher ist eine ausländische Personengesellschaft, die nach ausländischem Recht als Kapitalgesellschaft behandelt wird, Gesellschaft i.S. des § 50d Abs. 3 EStG (Auf die Einordnung einer ausländischen Gesellschaft nach dem innerstaatlichen deutschen Steuerrecht (Typenvergleich) kommt es insoweit nicht an. Siehe OECD-Musterkommentar, Tz. 5 zu Art. 1).
Bei Anträgen nach §§ 43b oder 50g EStG ist darauf abzustellen, ob die Gesellschaft eine der in der Anlage 2 zu § 43b EStG bzw. Anlage 3a zu § 50g EStG aufgeführten Rechtsformen aufweist und im Übrigen die jeweiligen weiteren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
Ausländisch ist eine Gesellschaft, wenn sie weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland hat oder bei sog. Doppelansässigkeit nach dem maßgeblichen DBA im anderen Vertragsstaat als ansässig gilt.
Die Ansässigkeit einer ausländischen Gesellschaft in einem anderen Vertragsstaat richtet sich nach Artikel 4 Abs. 1 und 3 OECD-Musterabkommen bzw. der einschlägigen Vorschrift des maßgeblichen DBA.
4. Persönliche Entlastungsberechtigung ausländischer Gesellschaften (§ 50d Abs. 3 Satz 1 EStG)
4.1 Gesellschafterbezogene Prüfung
Eine ausländische Gesellschaft ist persönlich entlastungsberechtigt, soweit den an ihr beteiligten Personen ein Entlastungsanspruch ...