Rz. 443
[Steuervergünstigungen für behinderte Menschen → Zeilen 4–9]
Behinderte Menschen (körperliche, geistige, psychische Behinderung) können ab einem bestimmten Grad der Behinderung behinderungsbedingte (Mehr-)Kosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend machen. Es besteht die Möglichkeit, die Kosten im Einzelnen nachzuweisen oder einen Pauschbetrag in Anspruch zu nehmen.
Rz. 444
Höhe des Pauschbetrags (Staffelsätze)
Abhängig vom Grad der Behinderung verändert sich die Höhe des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 3 EStG. Für Blinde (Merkzeichen "Bl" im Schwerbehindertenausweis), hilflose Menschen (Merkzeichen "H" im Schwerbehindertenausweis) und schwerstpflegebedürftige Menschen (Pflegegrade 4 bzw. 5) beträgt der Pauschbetrag 3.700 EUR im Jahr (§ 33b Abs. 3 Satz 3 EStG).
Ansonsten gelten folgende Pauschsätze:
|
Grad der Behinderung |
Höhe des Pauschbetrags |
|
|
bis 20 % |
kein Pauschbetrag |
|
|
25 % und 30 % |
310 EUR |
|
|
35 % und 40 % |
430 EUR |
|
|
45 % und 50 % |
570 EUR |
|
|
55 % und 60 % |
720 EUR |
|
|
65 % und 70 % |
890 EUR |
|
|
75 % und 80 % |
1.060 EUR |
|
|
85 % und 90 % |
1.230 EUR |
|
|
95 % und 100 % |
1.420 EUR |
|
Das Wahlrecht zwischen dem Abzug der tatsächlichen Kosten und dem Ansatz des Pauschbetrags kann im Kalenderjahr nur einheitlich ausgeübt werden. Entweder es werden für das ganze Jahr die Kosten im Einzelnen nachgewiesen oder der (höhere) Pauschbetrag kommt zum Ansatz.
Die Pauschbeträge sind immer Jahresbeträge. Unabhängig davon, ob die Behinderung während des ganzen Jahres oder nur einen Teil des Jahres bestanden hat, kann der Pauschbetrag stets in voller Höhe angesetzt werden (keine monatliche Aufteilung). Ändert sich der Grad der Behinderung im Laufe des Jahres, ist der höhere Pauschbetrag anzusetzen (R 33b Abs. 8 EStR 2012). Bei einem Grad der Behinderung zwischen 25 % und 45 % ist zusätzliche Bedingung für den Pauschbetrag, dass aufgrund der Behinderung eine Rente gezahlt wird, die Behinderung die dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit zur Folge hat oder es sich um eine typische Berufskrankheit handelt.
Rz. 445
Nachweis der Behinderung
Der Abzug von behinderungsbedingten Mehraufwendungen setzt voraus, dass der Grad der Behinderung nachgewiesen ist. Je nach Schwere der Behinderung sind nach § 65 EStDV die folgenden Nachweise vorgeschrieben:
Rz. 446
Wirkung des Pauschbetrags für behinderte Menschen
Mit dem Ansatz des Pauschbetrags für behinderte Menschen sind die (gewöhnlichen) Kosten, die durch die Behinderung entstehen, abgegolten. Darunter fallen z. B.:
- Kosten für Pflege (ambulante Pflegekraft, Pflegedienst, Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege),
- Aufwendungen für Hilfe und Unterstützung bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens,
- Futter- und Pflegekosten für einen Blindenhund,
- Heimkosten (Pflege, Verpflegung und Unterkunft),
- Kosten für Stärkungsmittel und Diätische Lebensmittel (Nahrungsergänzung),
- Aufwendungen für Waschen und Hygieneartikel,
- laufende Wartungskosten für Spezialrauchmelder oder Hausnotrufsysteme.
Kosten wegen Pflegebedürftigkeit
Da mit der Inanspruchnahme des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 3 EStG auch die Kosten wegen dauernder Pflegebedürftigkeit abgegolten sind, ist ein Abzug von (höheren) tatsächlichen Pflegeaufwendungen nach § 33 EStG nur bei Verzicht auf den Pauschbetrag möglich (→ Tz 458, → Tz 461 und → Tz 469).
Zusätzliche Steuerermäßigung für Hilfe im Haushalt zulässig
Die Inanspruchnahme des Pauschbetrags für behinderte Menschen schließt (nur) die Berücksichtigung von Pflegeaufwendungen nach § 35a Abs. 3 Satz 2 EStG bei der behinderten Person aus (BMF, Schreiben v. 9.11.2016, IV C 8 – S 2296-b/07/0003:008, Rn. 28, BStBl 2016 I S. 1213). Die anderen Steuerermäßigungen z. B. für Hilfe im Haushalt sind möglich (→ Tz 476 ff.).
Rz. 447
Zusätzlich zum Pauschbetrag können nach § 33 EStG (unter Anrechnung der zumutbaren Eigenbelastung) als außergewöhnliche Belastungen z. B. noch berücksichtigt werden:
- Krankheitskosten (z. B. Kosten einer Operation oder Heilbehandlung, Medikamente, Arztkosten)
- Aufwendungen für medizinische Hilfsmittel (Rollstuhl, Sitzerhöhung, Haltegriffe)
- Kraftfahrzeugkosten für Privatfahrten (Einzelheiten s. u.)
- Kurkosten (→ Tz 466)
- notwendige Kosten für Begleitperson im Urlaub bei hilflosen Menschen; anerkannt wurden von der Rspr. als angemessen 767 EUR/Jahr (BFH, Urteil v. 4.7.2002, III R 58/98, BFH/NV 2002 S. 1527); kein Abzug für Eltern, die mit ihrem behinderten Kind Familienurlaub machen oder wenn die Begleitperson (Ehegatte) aus eigenem Interesse mitgefahren ist (BFH, Urteil v. 7.5.2013, VIII R 51/10, BFH/NV 2013 S. 1685).
- Aufwendungen für den behindertengerechten Hausumbau, soweit die Maßnahmen auf den Behinderten abgestellt sind (→ Tz 462); s. auch BFH, Urteil v. 24.2.2011, VI R 16/10, BFH/NV 2011 S. 906. Dazu gehören z. B. die Kosten für ein behindertengerechtes Bad, eine Auffahrrampe oder einen Treppenschräglift (→ Tz 457).
- Kosten für behindertengere...