Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
4.1 Investitionsabzugsbetrag
Rz. 1133
[Investitionsabzugsbetrag → Zeilen 97–99, 101]
Mithilfe des Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG) kann die Steuerbelastung beeinflusst werden, wenn der Unternehmer beabsichtigt, innerhalb der nächsten drei Wirtschaftsjahre Investitionen zu tätigen. Siehe BMF, Schreiben v. 20.3.2017, IV C 6 – S 2139 – b/07/10002 – 02, BStBl 2017 I S. 423.
Rz. 1134
[Bildung des Investitionsabzugsbetrags → Zeile 101]
Als begünstigte Wirtschaftsgüter kommen nur bewegliche Wirtschaftsgüter in Betracht. Nicht begünstigt ist der geplante Erwerb bzw. die Herstellung von unbeweglichen (Gebäude) und immateriellen Gütern (Praxis-/Geschäftswerte, Lizenzen, Patente, Finanzanlagen). Wegen Trivialsoftware siehe → Tz 1094.
Das zu beschaffende Wirtschaftsgut muss später zum Anlagevermögen gehören. Auch Ausstellungsstücke oder Vorführwagen gehören bis zu einer Umwidmung für den Verkauf zum Anlagevermögen. Unter die begünstigte Anschaffung fallen auch gebrauchte Wirtschaftsgüter und geringwertige Wirtschaftsgüter.
Der Betrieb, für den das Wirtschaftsgut angeschafft wird, muss sich aktiv am wirtschaftlichen Verkehr beteiligen. Eine Anschaffung für einen verpachteten Betrieb ist nicht begünstigt. Außerdem darf das Unternehmen die Gewinngrenze von 200.000 EUR nicht überschreiten. Diese gilt für alle Einkunftsarten (L+F § 13 EStG, Gewerbetrieb § 15 EStG, selbstständige Arbeit § 18 EStG) und Gewinnermittlungsarten.
Eine Gewinnerhöhung aufgrund der Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags ist dabei einzubeziehen (BFH, Urteil v. 15.4.2015, VIII R 29/13, BFH/NV 2015 S. 1463).
Rz. 1135
Bei der Berechnung der Gewinngrenze im Rahmen einer EÜR ist die Auflösung der Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. und der Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG a. F. einzubeziehen (BFH, Urteil v. 15.4.2015, VIII R 29/13, BFH/NV 2015 S. 1463).
Rz. 1136
Es müssen keine konkreten Investitionspläne bestehen. Weder eine Benennung des Wirtschaftsguts noch die Höhe der voraussichtlichen AK oder HK müssen angegeben werden.
Auch der Betriebsgründer kann bereits vor Aufnahme der aktiven betrieblichen Tätigkeit einen Investitionsabzugsbetrag bilden, ohne dass er den Nachweis konkreter Bestellabsichten führen muss. Das gilt auch für den Plan einer "wesentlichen Erweiterung" eines bestehenden Betriebs, z. B. bei Ausdehnung auf einen weiteren Geschäftszweig oder einer "wesentlichen" Kapazitätserweiterung.
Rz. 1137
Es muss beabsichtigt sein, das Unternehmen fortzuführen. Bestehen Pläne, das Unternehmen einzustellen oder zu veräußern, liegt keine Investitionsabsicht vor. Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrag ist auch möglich wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Steuerpflichtigen selbst, sondern aufgrund einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll (BFH, Urteil v. 10.3.2016, IV R 14/12, BFH/NV 2016 S. 1344).
Beim Einzelunternehmen ist die Bildung des Investitionsabzugsbetrags nicht zulässig, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits feststeht, dass das Einzelunternehmen zu Buchwerten in eine GmbH eingebracht wird (BFH, Beschluss v. 14.4.2015, GrS 2/12, BFH/NV 2015 S. 1737). Eine Übertragung des Betriebs im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist aber nicht schädlich (BFH, Urteil v. 10.3.2016, IV R 14/12, BFH/NV 2016 S. 1344).
Rz. 1138
Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags setzt Folgendes voraus:
- Das Wirtschaftsgut muss mindestens zwei Wirtschaftsjahre (Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung und im darauffolgenden Wirtschaftsjahr)
- in einer inländischen Betriebsstätte verbleiben und
- ausschließlich oder nahezu ausschließlich (zu mindestens 90 %) betrieblich genutzt werden.
Ab 2020 ist die Verbleibensvoraussetzung auch erfüllt, wenn die Wirtschaftsgüter vermietetet werden.
Die Verbleibensvoraussetzungen sind auch erfüllt, wenn ein Werkzeug einem ausländischen Zulieferer überlassen wird (Niedersächsisches FG, Urteil v. 15.5.2018, 3 K 74/18, Revision beim BFH Az. IV R 16/18).
Investitionsabzugsbetrag beim Pkw
Bei einem betrieblichen Pkw, der auch privat genutzt wird, ist bei Anwendung der sog. 1 %-Regelung grds. von einem schädlichen Nutzungsumfang auszugehen (BMF, Schreiben v. 20.3.2017, IV C 6 – S 2139-b/07/10002-02, BStBl 2017 I S. 423; so auch FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 12.6.2013, 2 K 1191/12). Nur bei Führung eines Fahrtenbuchs (oder sonstiger unzweifelhafter Aufzeichnungen) kann der Nachweis einer mindestens 90%igen Nutzung erbracht werden (FG Münster, Urteil v. 10.7.2019, 7 K 2862/17 E, EFG 2019 S. 1535, Revision beim BFH unter Az. VIII R 24/19).
Dies bedeutet aber nicht, dass ein Investitionsabzugsbetrag für die zukünftige Anschaffung eines Pkw versagt werden kann, wenn für den derzeit vorhandenen Pkw die 1 %-Regelung angewandt wird, der Unternehmer aber beabsichtigt, den betrieblichen Nutzungsanteil nach der Anschaffung mittels eines Fahrtenbuchs zu dokumentieren (BFH, Beschluss v. 26.11...