Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 816
Verluste aus den Einkünften aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. Sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG (→ Tz 356) abgezogen werden. Die nicht ausgenutzten Verluste mindern jedoch Einkünfte aus Kapitalvermögen, die in den folgenden Vz. erzielt werden (§ 20 Abs. 6 Satz 2 f. EStG).
Eine weitere Einschränkung gilt für Aktienveräußerungen: Aktienveräußerungsverluste dürfen nur mit Aktienveräußerungsgewinnen ausgeglichen bzw. verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG).
Verlustverrechnung verfassungswidrig?
Das BVerfG soll prüfen, ob die Verlustverrechnungsvorschrift, wonach aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen, verfassungswidrig ist (BFH, Beschluss v. 17.11.2020, VIII R 11/18, BFH/NV 2021 S. 1003).
Vorsorglich sollten Betroffene Einspruch einlegen.
Rz. 817
Verluste aus Kapitaleinkünften, die nach § 32d Abs. 1 EStG dem besonderen Steuersatz unterliegen, dürfen nicht mit positiven Erträgen aus Kapitaleinkünften, die der tariflichen Steuer nach § 32d Abs. 2 EStG unterliegen, verrechnet werden. Dies gilt nicht, wenn ein Antrag auf Günstigerprüfung gestellt wurde und sämtliche Kapitalerträge der tariflichen ESt zu unterwerfen sind.
Rz. 818
Die Verluste sind aufzuteilen in
- Verluste aus der Veräußerung von Aktien,
- Verluste wegen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, Ausbuchung oder Übertragung wertloser Wertpapiere oder einem sonstigen Ausfall von Wertpapieren
- Verluste aus Termingeschäften
- Verluste aus den übrigen Kapitaleinkünften.
Für Aktienverluste besteht nur eine eingeschränkte Verrechnungsmöglichkeit mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien. Verluste aus Termingeschäften dürfen ab 2021 nur bis zu 20.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften und Stillhalterprämien ausgeglichen werden.
Die übrigen Verluste können mit allen Kapitalerträgen verrechnet werden, dabei ist der Verlustausgleich wegen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung etc. (ab 2020) nur bis zu 20.000 EUR zulässig.
Nicht verrechnete Verluste werden vorgetragen und dürfen in den Folgejahren abgezogen werden. Für Verluste aus Termingeschäften und der Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung ist die Verrechnung in Folgejahren auf 20.000 EUR begrenzt.
Rz. 819
Wird bei den übrigen Kapitaleinkünften ein Überschuss erzielt, während bei Aktienveräußerungen ein Verlust entstanden ist, sind die positiven Einkünfte um den vollen Sparer-Pauschbetrag zu mindern. Dies ergibt sich aus den Verlustverrechnungsbeschränkungen zwischen beiden Bereichen.
Rz. 820
Die Verlustverrechnung der Einkünfte des laufenden Jahres wird vorrangig bereits durch die auszahlende Stelle vorgenommen. Dies kann nur mit Einkünften geschehen, die bei der entsprechenden Stelle (z. B. Bank) angefallen sind, nicht jedoch institutsübergreifend. Die Bank bildet sog. Verlustverrechnungstöpfe. Darin verbliebene, nicht ausgenutzte Verluste werden in das nächste Jahr vorgetragen (§ 43a Abs. 3 Satz 2 EStG). Die Verlustverrechnung ist für alle beim Kreditinstitut geführten Konten und Depots vorzunehmen. Bei Ehegatten (Einzelkonten und -depots; Gemeinschaftskonten und -depots), die einen gemeinsamen Freistellungsauftrag erteilt haben, bezieht sich die Verrechnung über alle Konten der Eheleute (Einzelkonten/-depots; Gemeinschaftskonten/-depots). Die Verlustverrechnung im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens durch die Kreditinstitute kann bei der Veranlagung nicht mehr rückgängig gemacht werden (BMF, Schreiben v. 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004:017, Rn. 118, BStBl 2016 I S. 85).
Rz. 821
Bei Kapitaleinkünften, die nicht dem Steuerabzug unterliegen, wird ein Verlustausgleich bei der Einkommensteuerveranlagung durchgeführt. Auf Antrag können auch die verbliebenen Verluste bei der auszahlenden Stelle (Geldinstitute) in die Veranlagung einbezogen werden. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn bei einer Bank Veräußerungsgewinne angefallen sind, bei einer anderen Bank Verluste. Diese können nur bei der Einkommensteuerveranlagung ausgeglichen werden. Allerdings ist Voraussetzung, dass der Anleger eine Bescheinigung der Bank vorlegt, damit die Verluste in der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden können. Die Bescheinigung wird nur auf Antrag des Anlegers ausgestellt. Nach Ausstellen der Bescheinigung entfällt der Verlusttopf bei der entsprechenden Bank. Der Antrag muss bis zum 15.12. des Jahres bei der Bank vorliegen.
Bescheinigung unbedingt beim Finanzamt einreichen
Die Bescheinigung muss unbedingt mit der Steuererklärung des entsprechenden Jahres dem Finanzamt eingereicht werden, sonst verfällt der Verlustvortrag.