Dipl.-Finanzwirt (FH) Willi Dittmann
Rz. 600
[Aufwendungen als Sonderausgaben → Zeilen 66–72]
Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung (Kinderbetreuungskosten) eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes i. S. d. § 32 EStG, sind ab dem Geburtsmonat bis zur Vollendung seines 14. Lebensjahres mit zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR im Jahr je Kind abzugsfähige Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Dies gilt auch für die entsprechenden Aufwendungen für Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Behinderung sowie für Kinder, die wegen einer vor dem 1.1.2007 und vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten (§ 52 Abs. 24a Satz 2 EStG; → Tz 572). Ob die Abzugsbeschränkung auf 4.000 EUR jährlich verfassungsgemäß ist, muss der BFH prüfen (Erstinstanz: FG Köln, Urteil v. 19.1.2023, 15 K 268/21, Revision eingelegt, Az. beim BFH III R 8/23).
Rz. 601
Berücksichtigungsfähig sind Aufwendungen für die Betreuung von Kindern im Kindergarten, in einer Tagesstätte oder Krippe, durch eine Tagesmutter und in Ganztagesstätten, ebenso Ausgaben für die Beschäftigung einer Person im Haushalt, soweit diese die Kinder betreut, sowie die Beaufsichtigung eines Kindes durch einen Babysitter. Die Aufwendungen für ein Au-pair umfassen regelmäßig Kinderbetreuung und Hausarbeiten. Ohne Nachweis der zeitlichen Umfänge der Tätigkeiten, kann von einem hälftigen Kostenanteil, der auf die Betreuung entfällt, ausgegangen werden. Begünstigt sind auch die Kosten für Hausaufgabenbetreuung zuhause oder in der Schule, sowie die (Nachmittags-)Betreuung in einem Internat, ebenso die Unterbringung eines Kindes in einem zweisprachigen Kindergarten (BFH, Urteil v. 19.4.2012, III R 29/11, BFH/NV 2012 S. 1859).
Die Kinderbetreuung durch Angehörige des Steuerpflichtigen wird anerkannt, wenn den Leistungen klare und eindeutige, zivilrechtlich wirksam zustande gekommene, Vereinbarungen zugrunde liegen, die inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen, tatsächlich so auch durchgeführt und die Leistungen nicht üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage unentgeltlich erbracht werden.
Abzugsfähig sind Geld-, Sachleistungen (Verpflegung, Unterbringung, Waren) und sonstige Sachkosten für die Betreuungsperson. Auch der Ersatz von Auslagen an die Betreuungsperson (z. B. Fahrtkosten, Eintrittsgelder) wird anerkannt, wenn die Leistungen im Einzelnen in der Rechnung oder im Vertrag aufgeführt sind. Nicht begünstigt sind Aufwendungen für Fahrten des Kindes zur Betreuungsperson, die Verpflegung des Kindes oder Eintrittsgelder für das Kind.
Keine Kinderbetreuungskosten sind Ausgaben für die gezielte Vermittlung von besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten (z. B. Unterricht, Schulgeld, Nachhilfe, Fremdsprachenunterricht, Computerkurse) sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen (z. B. Mitgliedsbeiträge für Sportvereine, Tennis- oder Reitunterricht). Die Frage, ob Kosten für ein Ferienlager begünstigt sein könnten, hat der BFH zwar abschlägig beurteilt, aber dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt (Sächsisches FG, Urteil 15.3.2017, 2 K 1429/16, BFH, Beschluss v. 9.12.2020, III R 50/17, Az. beim BVerfG 2 BvL 3/17).
Wird ein einheitliches Entgelt für die Betreuungsleistungen und andere nicht begünstigte Leistungen bezahlt, ist eine (ggf. schätzungsweise) Aufteilung vorzunehmen (BMF, Schreiben v. 14.3.2012, IV C 4 – S 2221/07/0012:012, BStBl 2012 I S. 307). Dasselbe gilt, wenn die Nachmittagsbetreuung in der Schule auch nicht abzugsfähige Entgeltanteile, z. B. für Nachhilfe, bestimmte Kurse (z. B. Computerkurs) umfasst. Der Abzug des Kostenanteils für Betreuung ist nur möglich, wenn eine entsprechende Aufschlüsselung der Beträge (z. B. im Vertrag oder der Rechnung) vorliegt. Erhaltenes Betreuungsgeld ist nicht auf die Betreuungskosten anzurechnen. Zahlt der Arbeitgeber dagegen steuerfreie Zuschüsse für die Kinderbetreuung, sind die Betreuungskosten um den steuerfreien Zuschuss zu kürzen (BFH, Beschluss v. 14.4.2021, III R 30/20, BFH/NV 2021 S. 1238).
Rz. 602
Haushaltszugehörigkeit des Kindes
Kinderbetreuungskosten sind nur für zum Haushalt gehörende Kinder abzugsfähig. Das Kind muss in der elterlichen Wohnung leben oder mit Einwilligung der Eltern vorübergehend auswärtig (z. B. in einem Internat) untergebracht sein.
Ein behindertes Kind, das in einem Heim mit der Möglichkeit der Schulausbildung und der späteren Arbeit in einer Werkstatt für Behinderte untergebracht ist, gehört weiterhin zum elterlichen Haushalt, wenn die Wohnverhältnisse in der Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen und es sich im Haushalt des Elternteils regelmäßig auf...