Bei Gewinnanteilen und anderen Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, deren Ausschüttung von einer Körperschaft beschlossen wird, fließen die Kapitalerträge dem Gläubiger an dem Tag zu, der im Beschluss als Tag der Auszahlung bestimmt worden ist. Wurde der Zeitpunkt der Auszahlung im Beschluss nicht bestimmt, gilt gem. § 44 Abs. 2 Satz 2 EStG als Zuflusszeitpunkt der Tag nach Beschlussfassung. Durch das StÄndG 2015 vom 2.11.2015 (BGBl. I 2015, 1834) wurde § 44 Abs. 2 Satz 2 EStG um eine weitere Fallvariante ergänzt.
Die Kapitalertragsteuer entsteht, wenn die Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs durch Gesetz oder satzungsrechtliche Regelung abweichend von § 271 BGB auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird, erst zu dem späteren Zeitpunkt. Die Neuregelung trägt insb. der Fälligkeit des Dividendenanspruchs am dritten Tag nach Beschluss durch die Hauptversammlung gem. § 58 Abs. 4 Satz 2 AktG Rechnung, denn auf diese Weise wird verhindert, dass die Erhebung der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenzahlung vor der Dividendenzahlung zu erfolgen hat (vgl. Pfeffer in Fuhrmann/Kraeusel/Schiffers, 360° EStG eKomm, bis VZ 2015, 11/2016, § 44 Rz. 23).
Beraterhinweis Der Zuflusszeitpunkt bei beherrschenden Gesellschaftern für die Einkommensteuer kann vom Zuflusszeitpunkt für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs abweichen, denn Gewinnausschüttungen an den beherrschenden Gesellschafter einer zahlungsfähigen Kapitalgesellschaft sind diesem für Zwecke der Einkommensteuer i.d.R. auch dann zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung zugeflossen, wenn die Gesellschafterversammlung eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs beschlossen hat (vgl. BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BStBl. II 1999, 223 = FR 1999, 302). So ist es also denkbar, dass für die ESt-Festsetzung bspw. nach § 11 Abs. 1 EStG ein Zufluss im KJ 01 wegen "Beherrschung" anzunehmen ist und die Kapitalertragsteuer auf diese Erträge erst im Folgenden KJ 02 bei tatsächlichem Zufluss (Fälligkeit) zu erheben ist.
Die Zuflussfiktion in § 44 Abs. 2 EStG greift nur für Erträge i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG (bestimmte Kompensationszahlungen) und explizit nicht für solche, die von § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG erfasst werden. Zu Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG gehören insb. Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus Aktien und Genussscheinen, die entweder gem. § 5 DepotG zur Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank zugelassen sind und dieser zur Sammelverwahrung im Inland anvertraut wurden (Regelfall) oder bei denen eine Sonderverwahrung gem. § 2 Satz 1 DepotG erfolgt. In diesen Fällen entsteht die Kapitalertragsteuer mit Zufluss der Kapitalerträge beim Anteilseigner (s. Schmidtmann, DB 2017, 2695, 2697).
Beraterhinweis Dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen grundsätzlich auch verdeckte Gewinnausschüttungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.
Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass (verdeckte) Gewinnausschüttungen und andere Kapitalerträge, wie z.B. bestimmte Zinszahlungen, u.a. mithilfe der nachfolgenden Kriterien überprüft und aufgedeckt werden können:
- Vertragliche Grundlagen enthalten regelmäßig schuldrechtliche Vereinbarungen, welche die Zahlung von Kapitalerträgen auslösen können. Exemplarisch sind hier Darlehensverträge für partiarische Darlehen zu nennen.
- Beschlussfassungen über Gewinnausschüttungen führen i.d.R. zu Kapitaleinkünften i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 1a EStG.
- Es bietet sich an, die Verwendung betrieblicher Mittel auf ihre ertragsteuerliche Auswirkung hin zu bewerten.
- Die Bewertung bei der Übertragung von WG kann bei Abweichungen vom Teilwert/gemeinen Wert zu einer vGA führen. Ebenso können Zahlungen auf Konten von Gesellschaftern/diesen nahe stehenden Personen und auf gesonderte Weisung dieser Personenkreise zu (verdeckten) Gewinnausschüttungen führen.