Leitsatz
Ist ein Angehöriger als typisch stiller Gesellschafter an einer Familienpersonengesellschaft beteiligt, so muss eine zunächst angemessene Rendite bei Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse (hier: nicht erwarteter Gewinnsprung) nach dem Maßstab des Fremdvergleichs korrigiert werden. Auch hierbei ist dem Charakter der stillen Beteiligung als einer risikobehafteten Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Handelsgewerbes Rechnung zu tragen und die (angemessene) Einlagerendite in einen angemessenen und der veränderten Gewinnerwartung angepassten (geringeren) Gewinnanteilssatz umzuformen.
Normenkette
§ 4 Abs. 4, § 15 EStG
Sachverhalt
Der Sohn des Mehrheitsgesellschafters einer OHG war seit dem 31.12.1993 als typisch stiller Gesellschafter an der OHG beteiligt. Seine Einlage von 150 000 DM hatte er teils durch Bareinzahlung, teils durch Umwandlung eines bisher der OHG gewährten Darlehens geleistet. Die Einlage war mit 5 % zu verzinsen und vermittelte außerdem einen Gewinnanteil von 15 % des Gewinns der OHG. An den Verlusten war der Sohn nur bis zur Höhe der Einlage beteiligt. Der Vertrag war mit einer Frist von zwölf Monaten zum Jahresende kündbar.
Die OHG, die 1989 bis 1992 Gewinne zwischen ca. 340 000 und 550 000 DM gemacht hatte, erzielte im Jahr 1993 einen Gewinn von 0 DM, 1994 einen Verlust von 183 000 DM und im Folgejahr einen Gewinn von 186 000 DM. Anschließend wuchsen die Gewinne stark an und beliefen sich bereits 1997 auf über eine Mio. DM (1997 1,17 Mio. DM, 1998 1,34 Mio. DM, 1999 1,29 Mio. DM). Für den Sohn ergaben sich daraus entsprechend hohe Gewinnanteile (1999 insgesamt 198 765 DM).
Das FA erkannte den Gewinnanteil des Sohns ab 1999 nicht mehr in voller Höhe als Betriebsausgabe der OHG an, sondern kürzte ihn auf 52 500 DM. Den Differenzbetrag rechnete es dem Vater zu. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab (FG Bremen, Urteil vom 01.09.2005, 1 K 53/05, Haufe-Index 1581000, EFG 2006, 1734).
Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. Der BFH verwies das Verfahren an das FG zurück mit dem Auftrag, die Klägerstellung (OHG und/oder Vater) genauer zu klären und als Gegenstand des Verfahrens nicht die bestandskräftige Verteilung des Gewinns, sondern nur dessen Höhe anzusehen. Die Anpassung des Gewinnanteils des Sohns sei dem Grund nach nicht zu beanstanden. Sie müsse aber unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten nach dem Stand des Jahrs 1997 und nicht des Jahrs 1993 berechnet werden.
Hinweis
1. Auch wenn die Gewinnverteilung bei Personengesellschaften und typisch oder atypisch stillen Beteiligungen zivilrechtlich frei vereinbart werden kann, haben diese Vereinbarungen für Zwecke der Besteuerung nicht immer Bestand. Sind an dem Rechtsverhältnis Angehörige beteiligt, wird die Gewinnverteilung nach ständiger Rechtsprechung einer Angemessenheitskontrolle unterzogen, um unangemessene Bestandteile als Einkommensverwendung identifizieren und demjenigen zuordnen zu können, der das Einkommen tatsächlich erzielt hat.
Für die Angemessenheitsprüfung hat die Rechtsprechung Maßstäbe entwickelt, die auch von der Finanzverwaltung angewendet werden (R 15.9 [3] EStR). Ist die Beteiligung geschenkt worden, wird eine Kapitalverzinsung von 12 % bei Ausschluss einer Verlustbeteiligung bzw. von 15 % mit Verlustbeteiligung anerkannt. Bei entgeltlich erworbenen Beteiligungen werden 25 % bzw. 35 % als angemessen betrachtet. Diese Prozentsätze beziehen sich auf den voraussichtlich durchschnittlichen Jahresgewinn im Zeitpunkt der Einräumung der Beteiligung. Sie werden dann auf den tatsächlichen Jahresgewinn angewendet.
Würde im Besprechungsfall der prognostizierte durchschnittliche Jahresgewinn 1 Mio. DM betragen, hätte die angemessene Gewinnverteilung für den Sohn einen Gewinnanteil von 5,25 % ergeben (150 000 DM Einlage × 35 % angemessene Verzinsung = 52 500 DM, die 5,25 % des voraussichtlichen Jahresgewinns der OHG ausmachen).
2. Um diese nicht ganz leicht verständliche Rechnung ging es im Streitfall aber nicht hauptsächlich. Vielmehr war zu entscheiden, ob der prozentuale Gewinnanteil angepasst werden muss, wenn sich die Prognose für den durchschnittlichen Jahresgewinn ändert. Das bejaht der BFH. Wenn anzunehmen ist, dass der Vertrag mit einem fremden Dritten gekündigt würde, ist auch eine Anpassung des Gewinnanteils für Angehörige vorzunehmen. Die Anpassung gilt für das erste Jahr, in dem auch eine Kündigung wirksam geworden wäre.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.02.2009 – IV R 83/06