Leitsatz
Ein Anspruch eines Arbeitgebers auf Rückdeckung einer Pensionsverpflichtung, der aus einer Kapitallebensversicherung resultiert, die in Kombination mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auch den Leistungsfall der Berufsunfähigkeit abdeckt, ist – auch nach Eintritt dieses Leistungsfalls – als ein (einheitliches) Wirtschaftsgut zu aktivieren. Für die Bemessung der Anschaffungskosten ist der Rechnungszinssatz maßgeblich, den der Versicherer für die Berechnung der Deckungsrückstellung für die Lebensversicherung verwendet hat.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 253 Abs. 1 S. 1 HGB
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die zur Rückdeckung einer Versorgungszusage zugunsten ihres vormaligen Geschäftsführers bei einem Lebensversicherungsunternehmen eine Kapitallebensversicherung mit zusätzlicher Risikoabsicherung auf Rentenbasis bei Berufsunfähigkeit abgeschlossen hatte.
Nach Eintritt des Versicherungsfalls aus der Berufsunfähigkeitzusatzversorgung aktivierte die Klägerin sowohl den auf die "Hauptversicherung" als auch den auf die Berufsunfähigkeitzusatzversorgung entfallenden Teil des Rückdeckungsanspruchs. Sie ging dabei zur Ermittlung des Deckungskapitals für die "Hauptversicherung" von einem Rechnungszinssatz von 3 % aus, während sie das Deckungskapital für die Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitzusatzversorgung unter Verwendung eines Rechnungszinssatzes von 6 % ermittelte.
Das FA erkannte die Bilanzansätze nur für den auf die "Hauptversicherung" entfallenden Teil des Rückdeckungsanspruchs an. Auch das FG wies die weitergehende Klage wegen der Aktivwerte der Berufsunfähigkeitzusatzversorgung ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 25.06.2008, 1 K 186/04, Haufe-Index 2017583, EFG 2008, 1442).
Entscheidung
Der BFH schloss sich dem an:
"Eigentliche" Pensionszusage ebenso wie zusätzliche Berufsunfähigkeitzusatzversorgung unterfielen denselben Rechnungslegungs- und Bewertungsgrundätzen und dementsprechend denselben Rechnungszinssätzen.
Hinweis
1. In mittlerweile ständiger Spruchpraxis (vgl. Urteile vom 25.02.2004, I R 54/02, BFH/NV 2004, 1143, BFH/PR 2004, 310 sowie I R 8/03, BFH/NV 2004, 1234) judiziert der BFH, dass der Anspruch aus der Rückdeckung einer betrieblichen Versorgungszusage zu aktivieren ist, und zwar mit den Anschaffungskosten, die sich wiederum mit dem (rechnungsmäßig) verzinslich angesammelten Sparanteil der geleisteten Prämien zusammensetzen, welcher seinerseits dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital des Versicherers entspricht. Ggf. gehören zu den Anschaffungskosten überdies etwaige (vorhandene) Guthaben aus Überschussbeteiligungen. Lediglich derjenige Teil der Versicherungsprämien, mit dem die Verwaltungskosten des Versicherers (zzgl. Gewinnaufschlag) abgedeckt werden, sowie jener Prämienteil, der auf die Abdeckung vorzeitiger Versorgungsfälle – und damit auf das jeweils laufende Jahr – entfällt, sind sofort abziehbarer Aufwand.
Im Ergebnis entspricht der hiernach anzusetzende Wert demjenigen des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals bei dem Versicherer.
2. Fraglich ist, ob sich bei dieser Bilanzierung etwas ändert, wenn der Anspruch eines Arbeitgebers auf Rückdeckung einer Pensionsverpflichtung aus einer Kapitallebensversicherung resultiert, die in Kombination mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auch den Leistungsfall der Berufsunfähigkeit abdeckt. Der BFH hat das prinzipiell verneint.
Denn bei dem Anspruch des Arbeitgebers aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung handelt es sich nicht um ein eigenständiges, von der Forderung aus dem "Hauptteil" der Kapitallebensversicherung getrennt zu bilanzierendes WG, das wie ein Anspruch aus einer reinen Risikoversicherung zu bilanzieren wäre. Vielmehr ist die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung regelmäßig unselbstständiger Teil des einheitlichen Versicherungsverhältnisses als einheitliches WG. Die Annahmen über die Wahrscheinlichkeit des Leistungsfalls der Berufsunfähigkeit sind in diesem Fall Bestandteil der Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellung aus der Lebensversicherung.
Der BFH knüpft in diesem Zusammenhang ausdrücklich an sein Urteil vom 09.08.2006, I R 11/06 (BFH/NV 2006, 1977, BFH/PR 2006, 435) an. Dort ging es um eine zusätzliche Witwenversorgung. Die zusätzliche Versorgung für den Fall der Berufsunfähigkeit steht dieser, so der BFH, gleich. Beides ist Teil des umfassenden Rückdeckungsanspruchs gegenüber dem Versicherer im Hinblick auf die eingegangene Pensionsverpflichtung, und zwar vor wie nach Eintritt des Versorgungsfalls.
3. Fazit: Es gelten gleiche Bewertungsgrundsätze, insbesondere stimmen die jeweiligen Rechnungszinssätze überein. Zu unterschiedlichen Ansätzen gelangt man immer nur bei einer selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung, die nicht in Zusammenhang mit einer Lebensversicherung abgeschlossen wird und deshalb selbstständig zu bewerten ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.06.2009 – I R 67/08