Leitsatz
1. Bei der Beurteilung, ob jemand Existenzgründer ist, sind Gewinneinkünfte aus Beteiligungen an mehreren Mitunternehmerschaften von jeweils weniger als 1 % schädlich; auf die Höhe und die Art der Gewinneinkünfte kommt es nicht an.
2. Der Gesetzgeber ist bei der Beurteilung, wen er als Existenzgründer i.S.d. § 7g Abs. 7 EStG ansehen will, nicht daran gehindert, allein auf den Bezug von Gewinneinkünften abzustellen. Der Grundsatz der Rechtsformneutralität als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes verlangt nicht, dass Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft und an einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) in jeder Beziehung gleich behandelt werden.
Normenkette
§ 7g Abs. 7 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, ein ausgebildeter Diplom-Betriebswirt, begann im Februar 2000 eine selbstständige Tätigkeit als Unternehmensberater, aus der er einen Gewinn erklärte. Außerdem erzielte er im Veranlagungszeitraum 2000 – wie auch schon in den Vorjahren – gewerbliche Einkünfte aus Kommanditbeteiligungen an mehreren Publikums-GmbH & Co. KGs.
Während des Einspruchsverfahrens gegen den ESt-Bescheid 2000 zeigte der Kläger im März 2003 erstmals an, dass er noch Investitionen (Pkw und Büroausstattung) vorgenommen habe. Er beantragte für das Jahr 2000 noch eine Ansparrücklage i.H.v. 40.000 € zu berücksichtigen, da er Existenzgründer nach § 7g Abs. 7 EStG sei.
Das FA lehnte die Bildung der Rücklage ab. Das FG wies die Klage ab (EFG 2006, 635).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 7g EStG seien nicht gegeben.
Hinweis
1. Die Regelungen zur sog. Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 bis 8 EStG enthalten in § 7g Abs. 7 EStG Sonderregelungen für sog. Existenzgründer. Vor dem Hintergrund, dass bei der Eröffnung eines Betriebs ein besonders hoher Investitionsbedarf besteht und der Betriebseröffner dennoch die Möglichkeit zu einem kontinuierlichen Betriebsaufbau haben soll, hat der Gesetzgeber für Existenzgründer die Begünstigung der Ansparabschreibung erweitert. Anknüpfungspunkt der Sonderregelungen ist der sog. Gründungszeitraum, der nach § 7g Abs. 7 Satz 1 EStG fünf Jahre beträgt. Wird in diesem Zeitraum eine Rücklage gebildet, ist diese – falls sie dann noch besteht – erst nach dem Ablauf des fünften auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs Gewinn erhöhend aufzulösen. Anders als bei der allgemeinen Ansparrücklage, die bereits nach zwei Jahren aufzulösen ist, kommt dabei ein Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG nicht in Betracht.
2. Wann ein Einzelunternehmer (eine natürliche Person) als Existenzgründer angesehen werden kann, wird in § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG negativ dahingehend definiert, dass derjenige innerhalb der letzten fünf Jahre weder an einer Kapitalgesellschaft zu mehr als einem Zehntel beteiligt gewesen sein noch Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG erzielt haben darf.
Der Kläger hat aus seinen KG-Beteiligungen zwar gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt, war aber der Auffassung, dass Sonderregelungen für Existenzgründer bei verfassungskonformer Auslegung dennoch auf ihn anzuwenden seien. Das hat der BFH anders gesehen.
3. Der Gesetzgeber hat § 7g Abs. 7 EStG als Subventionsnorm bewusst einschränkend gestaltet, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden. Der Anwendungsbereich der Norm darf darum durch Auslegung nicht erweitert werden, etwa dahingehend, dass z.B. "Bagatellgrenzen" statuiert werden. Das Gesetz stellt nicht auf die Höhe, sondern allein auf den Bezug gewerblicher Einkünfte ab.
4. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass es bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erst ab einer Beteiligung von mehr als 10 % zu einem Ausschluss der Existenzgründereigenschaft kommt. Solche Unterscheidungen, die der personalistischen Struktur der Personengesellschaft einerseits und der kapitalistischen Struktur der Kapitalgesellschaft andererseits Rechnung tragen, darf der Gesetzgeber treffen. Insbesondere verlangt der Grundsatz der Rechtsformneutralität nicht, dass Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften in jeder Hinsicht steuerlich gleich behandelt werden müssen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 2.8.2006, XI R 44/05