Leitsatz
Wurde eine Ansparrücklage gebildet, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorlagen, ist die Rücklage im Jahr der Bildung zu korrigieren, jedoch nicht nach § 7g Abs. 5 EStG zu verzinsen. Ist diese Korrektur aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr möglich, ist die Rücklage spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs aufzulösen und nach § 7g Abs. 5 EStG zu verzinsen.
Sachverhalt
Eine aus zwei Ärzten bestehende GbR mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bildete 1997 eine Ansparrücklage für Existenzgründer nach § 7g Abs. 7 EStG in Höhe von 600.000 DM, obwohl die Voraussetzung hierfür auf Grund einer früheren selbstständigen Tätigkeit eines der Ärzte nicht gegeben war. Dies wurde bei einer in 2001 durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt; somit war nur eine Rücklage in Höhe von 300.000 DM zulässig. Die Rücklage war bereits in 1999 nach Vornahme von Investitionen in Höhe von 1,2 Mio. DM insgesamt aufgelöst worden. Da die Rücklage um 300.000 DM zu hoch war, erhöhte der Betriebprüfer den Gewinn für 1999 um einen Zinszuschlag von 36.000 DM (6 % von 300.000 DM × 2 Jahre). Hiergegen wendete sich die GbR mit der Begründung, die Verzinsung nach § 7g Abs. 5 EStG erfasse nicht den Fall einer zu Unrecht gebildeten Rücklage. Der Fehler habe nur durch eine Änderung der Gewinnermittlung für 1997 korrigiert werden können, was verfahrensrechtlich aber unstrittig nicht mehr möglich sei.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Es geht davon aus, dass eine den gesetzlichen Voraussetzungen nicht genügende Rücklage im Jahr ihrer Bildung aufzulösen ist. Dann entfällt der Gewinnzuschlag, da die Rücklage nicht nach § 7g Abs. 5 EStG aufgelöst, sondern rückwirkend beseitigt wird. Ist eine solche Korrektur verfahrensrechtlich nicht mehr möglich, ist ein Gewinnzuschlag gemäß § 7g Abs. 5 EStG für die Dauer des Bestehens der Rücklage anzusetzen. Dadurch soll der Steuervorteil auf Grund der unberechtigten Inanspruchnahme der Ansparrücklage ausgeglichen werden. Dies gilt gleichermaßen für den Fall nicht realisierter Investitionen wie für den Fall von Anfang an fehlender gesetzlicher Voraussetzungen.
Da die Voraussetzungen für die Existenzgründer-Ansparabschreibung unstrittig nicht vorgelegen hatten und die Gewinnfeststellung für 1997 wegen Bestandskraft nicht mehr änderbar war, war das Finanzamt berechtigt, einen Gewinnzuschlag von 36.000 DM anzusetzen. Denn die Rücklage war in 1999 in Höhe von 300.000 DM nicht nach § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG auf Grund der Investitionen, sondern nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG mangels begünstigter Investitionen aufzulösen, was eine Verzinsung nach § 7 Abs. 5 EStG zur Folge hat. Daran ändert die Ausnahmeregelung in § 7g Abs. 7 Satz 1 EStG, wonach die Verzinsung bei Existenzgründern beim Ausbleiben von Investitionen entfällt, nichts, da eben diese Voraussetzung nicht vorlag.
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Hinweis
1. Die vom FG favorisierte Lösung ist zwar nicht vom Wortlaut des § 7g Abs. 5 EStG, wohl aber von dessen Sinn und Zweck gedeckt, ungerechtfertigte Liquiditätsvorteile - nicht Steuervorteile wie das FG meint - abzuschöpfen. Würde die Regelung nicht auf unrechtmäßig gebildete Rücklagen angewendet, wäre das Risiko der missbräuchlichen Inanspruchnahme der Ansparabschreibung - etwa trotz Überschreiten der Größenmerkmale des § 7g Abs. 2 EStG - groß.
2. Ob die Existenzgründer-Ansparabschreibung im vorliegenden Fall bewusst oder irrtümlich gewählt wurde, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Insbesondere bei Klinikärzten, die aus der Arbeitnehmertätigkeit in die Selbständigkeit wechseln, ist das Risiko einer Fehleinschätzung der Existenzgründereigenschaft jedoch groß. Schon ein Einnahmen nach § 18 EStG auslösendes Gutachten zu Arbeitnehmerzeiten binnen fünf Jahren vor dem Wirtschaftsjahr der Praxiseröffnung lässt diese Eigenschaft entfallen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 20.10.2004, 1 K 4064/02