Leitsatz
1. Schließt eine Personenhandelsgesellschaft eine Lebensversicherung auf das Leben eines Angehörigen eines Gesellschafters ab, so können Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Vertrag dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein, wenn der Zweck der Vertragsgestaltung darin besteht, Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen und das für Lebensversicherungen charakteristische Element der Absicherung des Todesfallrisikos bestimmter Personen demgegenüber in den Hintergrund tritt.
2. Der Anspruch der Gesellschaft gegen den Versicherer ist in Höhe des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals zum Bilanzstichtag zu aktivieren. Die diesen Betrag übersteigenden Anteile der Prämienzahlungen sind als Betriebsausgaben abziehbar.
Normenkette
§ 4 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG, § 253 Abs. 1, § 255 Abs. 1 HGB
Sachverhalt
Eine GmbH & Co. KG hatte den Kaufpreis einer Immobilie mit Darlehen von 11 Mio. DM finanziert. Zur Sicherung der im Mai 1995 aufgenommenen Darlehen dienten zwei am Vortag abgeschlossene Kapitallebensversicherungen über 20 Mio. DM bzw. 14 Mio. DM, aus deren Summen auch die Tilgung der Darlehen bestritten werden sollte. Versicherte Person des einen Vertrags war ein minderjähriges Kind der Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH, die ebenso wie ihr Mann auch Kommanditanteile hielt (Mutter ca. 5 %, Vater ca. 0,1 %). Mit dem anderen Vertrag war zunächst das Leben eines nicht verwandten Kinds versichert, das ab Juli 1978 durch ein anderes Kind der Geschäftsführerin ersetzt wurde. Versicherungsnehmer des einen Vertrags war die KG, Versicherungsnehmer des anderen Vertrags – möglicherweise versehentlich – eine Gesellschaft ähnlichen Namens.
In den Streitjahren 1995 bis 1997 zahlte die KG Beiträge zwischen ca. 275 000 DM und 423 000 DM. Ab Juli 1998 wurden keine Versicherungsbeiträge mehr geleistet. Zum 01.01.2000 kündigte die Versicherungsgesellschaft die Verträge und verrechnete die Beitragsrückstände und Überschussguthaben, sodass es zu keinen Auszahlungen kam.
Das FA erkannte die Versicherungsbeiträge nicht als Betriebsausgaben an. Die Klage hatte vor dem FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2008, 8 K 57/04, Haufe-Index 2121466) insoweit Erfolg, als die Beiträge für die auf das fremde Kind abgeschlossene Versicherung anerkannt wurden.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung zurück. Die Versicherungsbeiträge seien grundsätzlich abziehbar, weil die Versicherungen nicht zur Versicherung des Todesfallrisikos, sondern zur Ansparung von Kapital für die Tilgung der Darlehen abgeschlossen worden seien. Insofern müsse noch geklärt werden, ob die KG in beiden Fällen Versicherungsnehmer gewesen sei. Dem Abzug der Beiträge stehe allerdings der Anspruch gegen die Versicherung gegenüber, der in Höhe des jeweiligen geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals der Versicherung vom Versicherungsnehmer aktiviert werden müsse. Eine Teilwertabschreibung auf den Rückkaufswert komme nicht in Betracht.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft zwar ein heute versicherungsaufsichtsrechtlich nicht mehr zulässiges Modell zur Finanzierung von Investitionen unter Einsatz von Lebensversicherungen ("Optima"-Modell). Die vom BFH aufgestellten Grundsätze gelten jedoch auch für alle anderen Fälle, in denen eine Kapitallebensversicherung zum Betriebsvermögen gehört.
2. Ob eine Versicherung zum Betriebsvermögen gehört, hängt in erster Linie von dem versicherten Risiko ab. Versicherungen auf das Leben des Unternehmers oder Mitunternehmers sind danach ebenso wie Versicherungen auf das Leben eines nahen Angehörigen des Unternehmers oder Mitunternehmers dem außerbetrieblichen Bereich zuzuordnen. Das gilt auch für eine Versicherung, die von einer Mitunternehmerschaft auf das Leben eines Mitunternehmers oder dessen Angehörigen abgeschlossen wird.
Andererseits kann eine Versicherung auf das Leben eines Dritten durchaus dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein, wenn es eine betriebliche Veranlassung für die Versicherung gibt. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Dritte Arbeitnehmer oder Geschäftspartner des Unternehmers ist (BFH, Urteil vom 14.03.1996, IV R 14/95, BFH/NV 1996, 240).
3. Von anderen Versicherungen unterscheidet sich die Kapitallebensversicherung dadurch, dass das versicherte Risiko durch einen anderen Zweck der Versicherung überlagert werden kann, nämlich einen Finanzierungszweck. Die Versicherung des Todesfallrisikos bildet dann nur das Gerüst für die Finanzierungsaufgabe der Versicherung. So beurteilte der BFH die Gestaltung im Besprechungsurteil: Es wurden hohe Versicherungen auf das Leben von Minderjährigen abgeschlossen, deren Person noch dazu austauschbar war. Dies sollte nur dem Zweck dienen, zu einer niedrigen Prämie in den Genuss einer günstigen Kapitalanlage und möglicherweise in Zusammenwirken mit einem Versicherungsvermittler auch zum Bezug eines Teils der Vermittlungsprovision zu kommen. In einem solchen Fall hängt die Zugehörigkeit der Versicherung zum Betriebsvermögen davon ab, o...